Mehr Bürgerfreundlichkeit, mehr Wanzen

Auf den neuen Innensenator warten große Aufgaben: Als „Stellensenator“ ist er für den Personalabbau im öffentlichen Dienst zuständig. Er muss den Posten des Polizeipräsidenten neu besetzen und Polizei und Verfassungsschutz reformieren. Als Favorit gilt Amtsinhaber Ehrhart Körting (SPD)

von ANDREAS SPANNBAUER

Dem neuen Innensenator steht mindestens eine Herkulesaufgabe bevor: Der Personalabbau im öffentlichen Dienst, für den er als oberster Dienstherr der rund 153.000 Beamten und Angestellten des Landes zuständig ist.

Bis zu 12.000 Stellen oder eine Milliarde Mark will der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) mittelfristig im öffentlichen Dienst einsparen. In der Senatsinnenverwaltung arbeitet man derzeit an einer ausführlichen Bestandsanalyse. Mit den Instrumenten Altersteilzeit oder Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich sollen die Personalkosten bei gleichzeitigem Verzicht auf betriebsbedingte Kündigungen bis zum Jahr 2004 gedrückt werden. Frei gewordene Stellen werden nach Möglichkeit nicht neu besetzt. Verhandlungen mit den Gewerkschaften laufen bereits. Nach den Wahlen stehen Entscheidungen an.

Die Verwaltungstätigkeit soll modernisiert und bürgerfreundlicher gestaltet werden. Die Innenverwaltung will dafür die Einrichtung von so genannten Bürgerbüros in den Bezirksämtern vorantreiben. Das neu einzurichtende „Start-Informationssystem“, das ab Januar erprobt wird, soll für eine schnelle Orientierung im Verwaltungsdschungel sorgen. Ein zentrales Call-Center soll künftig die Anrufer an die jeweils zuständigen Stellen weiter vermitteln.

Schnell muss der neue Innensenator den Posten des Polizeipräsidenten besetzen: Der bisherige Amtsinhaber Hagen Saberschinsky nimmt am 31. Oktober den Mantel vom Haken. Die Stelle ist bereits bundesweit ausgeschrieben. Als Nachfolger aus Berlin sind bisher der Polizeivizepräsident Gerd Neubeck sowie Udo Hansen, Leiter des Bundesgrenzschutz-Präsidiums Ost, in der Diskussion. Eine Entscheidung wird voraussichtlich bis Jahresende fallen. Auch die Stelle des Chefs des Landeskriminalamtes muss neu besetzt werden, nachdem der bisherige Leiter des LKA, Hans-Ulrich Voß, wegen innerpolizeilicher Konflikte den Weg in den vorzeitigen Ruhestand angetreten hat. Sein Abschied verleiht der Diskussion über die Struktur der Polizeibehörde eine neue Aktualität. Die Aufteilung der Polizei in Schutzpolizei, LKA sowie Verwaltungsamt und Landespolizeischule ist seit längerem umstritten. Die Gewerkschaft der Polizei verlangt daher die Abschaffung dieses Vier-Säulen-Konzeptes und eine einheitliche Führung der Polizei. Grüne und PDS fordern zudem eine Kennzeichnungspflicht für Polizeibeamte.

Die Reform des Verfassungsschutzes muss der Innensenator bis zum Jahr 2003 abschließen. Schon jetzt steht fest, dass sich die Behörde wegen der aktuellen Sicherheitslage über eine Aufstockung der Mittel für Personal und Technik freuen darf. Auf Bundesebene muss der neue Mann in der Klosterstraße mit seinen Kollegen über mehr Befugnisse für V-Leute verhandeln.

Als sicher gilt, dass der neue Innensenator in jedem Fall wieder der SPD angehören wird. Die PDS hat bereits einen Verzicht signalisiert. Auch die Chancen der Grünen werden als gering eingeschätzt; die FDP hat für den Bereich Inneres keinen ernsthaften Bewerber. Als aussichtsreichster Kandidat gilt der Amtsinhaber Ehrhart Körting (SPD), der sich nach den Anschlägen in den USA mit Rasterfahndung und der Forderung nach Objektschutz durch die Bundeswehr als starker Mann profiliert hat. Allerdings ist auch Schulsenator Klaus Böger an dem Amt interessiert.