Geldwaschen schwer gemacht

EU-Finanzminister einigen sich auf neue Geldwäsche-Richtlinie. Kompromiss sieht verstärkte Meldepflicht vor, aber auch Beibehaltung der anwaltlichen Schweigepflicht. Richtlinie zeigt nur Wirkung, wenn Mitgliedsländer Kontrolleure einstellen

aus Brüssel DANIELA WEINGÄRTNER

Angst vor einem neuen, unbekannten Feind erhöht bekanntlich die Kompromissbereitschaft: Gestern einigten sich die EU-Finanzminister bei ihrem Treffen in Luxemburg auf die seit Jahren umstrittene Reform der Geldwäscherichtlinie. Heute wird das Parlament voraussichtlich ebenfalls zustimmen. Vor allem die Frage, ob Anwälte melden müssen, wenn sie ihre Mandanten der Geldwäsche verdächtigen, war bis zuletzt im Vermittlungsausschuss zwischen Rat und Parlament umstritten. Ein Formulierungsvorschlag des Parlaments liegt seit April auf dem Tisch. Der zuständige Berichterstatter – der deutsche CDU-Politiker und Anwalt Klaus-Heiner Lehne – hatte bis zuletzt dafür gekämpft, die anwaltliche Schweigepflicht beizubehalten.

Nun dürfen sich beide Seiten als Sieger fühlen. Zwar müssen Anwälte melden, wenn sie im Rahmen ihrer beratenden Tätigkeit Hinweise auf Geldwäsche erhalten. Die eigentliche Prozessvertretung aber ist davon ausgenommen, um das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant nicht zu stören. Auch wenn der Druck nach dem 11. September erheblich zunahm und der Vorwurf im Raum stand, das Parlament verweigere seine Mitarbeit bei der Verfolgung der Flugzeugattentäter und ihrer Drahtzieher, blieben die Parlamentarier dabei: Die Schweigepflicht der rechtsberatenden Berufe sei ein wesentlicher Bestandteil des Rechtsstaats und dürfe nicht blindem Anti-Terror-Aktionismus geopfert werden.

Unter den Finanzministern selber war die Frage umstritten, was mit Informationen geschehen darf, die aus Geldwäsche-Ermittlungen stammen. Vor allem der deutsche Finanzminister hätte es gern gesehen, wenn Zahlen und Fakten auch den Finanzbehörden zugänglich gemacht werden könnten. Da mehrere Länder es kategorisch ablehnen, Verbrechensbekämpfung und Steuerfahndung in einen Topf zu werfen, wurde der entsprechende Abschnitt aus der Richtlinie entfernt. Künftig kann also jedes Land allein entscheiden, welchen Behörden die Daten zugänglich sein sollen.

Tatsächlich haben die meisten Mitgliedsstaaten ihre nationalen Gesetze längst modernisiert – die alte EU-Geldwäsche-Richtlinie bezog sich allein auf Einnahmen aus Drogengeschäften und war den Erfordernissen schon lange nicht mehr angemessen. Nun zieht die EU nach und nennt auch andere Straftaten wie schweren Raub, schwere Hehlerei, Bandendiebstahl und schweren Betrug als Tatbestände, bei denen wegen Geldwäsche ermittelt werden kann. Da künftig auch Luxusgüterhändler, Auktionshäuser und Casinos verdächtige Kunden melden müssen, dürfte es Verbrechern nicht mehr so leicht fallen, ihre unsauberen Einnahmequellen zu verschleiern.

In den meisten Mitgliedsstaaten sind bislang nur Banken verpflichtet, Geldbewegungen in großem Umfang zu melden. In Deutschland beschränkt sich die Meldepflicht sogar auf Bareinzahlungen – von 30.000 Mark aufwärts. Überweisungen dagegen können in jeder Höhe unregistriert getätigt werden. Die Bundesrepublik hat außerdem als einziges OECD-Land keine zentrale Ermittlungsstelle für Geldwäsche. Zehn Mitarbeiter im Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen müssen 3.000 Banken im Blick behalten.

Die neue EU-Richtlinie kann nur dann wirksam werden, wenn die Mitgliedsländer mehr Finanzkontrolleure einstellen. Denn die Datenflut wird nach den neuen Spielregeln zunehmen. Künftig muss jeder Juwelier zum Hörer greifen, wenn ein Kunde bei ihm Schmuck kauft und bar bezahlt – schon bei vergleichsweise bescheidenden Pretiosen von 2.000 Euro aufwärts.