3,3 Milliarden Mark verschwendet

Bericht des Bundesrechnungshofs für das Jahr 2000: Präsidentin Wedel kritisiert die mangelnde Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Insgesamt stiegen die Steuereinnahmen, doch 70 Prozent flossen in Schuldendienst und Rentenzuschüsse

von SUSANNE AMANN

Die Schulden des Bundes werden bis 2005 rund 1,6 Billionen Mark betragen. Das erklärte die Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Hedda von Wedel, gestern bei der Vorstellung ihres Jahresberichts in Berlin. Sie kritisierte die öffentliche Gesamtverschuldung, von der der Bund fast zwei Drittel alleine trage. „Die wachsende Verschuldung des Bundes engt die politischen Spielräume stark ein“, so von Wedel.

Dass der Bund trotz der vergleichsweise höheren Finanzbelastung die neuen Bundesländer im Solidarpakt II erheblich unterstützt, hält der Bundesrechnungshof für ein Haushaltsrisiko neben anderen, für die es im aktuellen Finanzplan keine hinreichende Risikovorsorge gibt.

Insgesamt kommt der Jahresbericht zu dem Schluß, dass der Bund durch schlampiges Wirtschaften und Verschwendung im öffentlichen Dienst 3,3 Milliarden Mark verloren hat. „Hinzu kommen Steuerausfälle in Millionenhöhe, die noch eingetrieben werden könnten“, so von Wedel gestern in Berlin. Die Präsidentin kritisierte in diesem Zusammenhang die schlechte Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Vor allem mangelnde Bundesaufsicht, ungenügende Mitwirkung der Länder, fehlender Erfahrungs- und Informationsaustausch und fachliche Lücken beim Personal führten dazu. Auf die Frage, ob sie allgemein eine Besserung beim Umgang mit Steuergeldern feststellen könne, sagte Wedel nur: „Dafür geht es uns noch nicht schlecht genug.“

Der Bericht nennt 84 Beispiele für sinnlose Ausgaben und Sparoptionen. So wurden in einer Wehrbereichsverwaltung mehr als 98 Tonnen handelsübliche schwarze Schuhcreme gelagert, was dem Sechsjahresbedarf eines jeden Soldaten entsprach. Auch ein übergroßer Vorrat an Schuhsohlen lasse, so der Bericht, auf grundsätzliche Mängel bei der Materialbeschaffung schließen. Eine weitere Fehlinvestition: Für mehr als vier Millionen Mark wurden bei der Marine in den letzten zehn Jahren Dieselmotoren für Schlauchboote gekauft, um alte Benzinmotoren zu ersetzen – ohne sie vorher ausprobiert zu haben. Erst nach dem Kauf stellte man fest, dass das hohe Eigengewicht die Manövrierfähigkeit auf See beeinträchtigt und sogar zu Schäden am Boot führte. Auch zwölf mobile Röntgenanlagen, die der Bund für etwa fünf Millionen Mark kaufte, um den grenzüberschreitenden Rauschgifthandel zu bekämpfen, stellten sich als wenig effektiv heraus: Nur vier von ihnen kamen zum Aufgreifen von Schmugglern zum Einsatz. Ein weiteres Mal wurde der Baustopp bei der „Kanzler“-U-Bahn in Berlin kritisiert, der Bau hat bis heute mehr als 250 Millionen Mark gekostet und steht seit Juni still.

Insgesamt sind die Steuereinnahmen des Bundes deutlich angestiegen. Zwischen 1997 und 2000 erhöhte sie sich von 331,1 Milliarden auf 388,8 Milliarden. Das soll auch trotz der nach unten korrigierten Konjunkturprognosen so bleiben. Für die nächsten Jahre wird ein Anwachsen der Steuereinnahmen von durchschnittlich rund 15 Milliarden Mark pro Jahr erwartet. Dieser Zuwachs erklärt sich vor allem aus der Ökosteuer, die seit 1999 in Kraft ist.

Wedel kritisierte bei der Vorstellung ihres Berichts auch die „ungünstige Ausgabenstruktur“, die sich an der Entwicklung der Zins- und Sozialausgaben zeige. Der Bundeshaushalt wird inzwischen maßgeblich durch diese beiden Blöcke bestimmt, allein 70 Prozent der Steuereinnahmen des Jahres 2000 wurden dafür verwendet. Kritisch sei vor allem der deutliche Anstieg der Rentenzuschüsse des Bundes. Sie haben sich im Zeitraum von 1992 bis 2000 von 59,9 Milliarden Mark auf 127,1 Milliarden Mark verdoppelt.