Protest mit Fatwa

Marokkos Islamisten machen gegen Regierung mobil

MADRID taz ■ Marokkos Regierung ist „vom rechten Glauben abgewichen“: das predigen nicht wenige Imame in dem Land. Eine Allianz mit den USA sei für einen guten Muslim „nicht erlaubt“, heißt es einer Fatwa der 16 wichtigsten Korangelehrten. Nicht nur deswegen gilt ihnen Ministerpräsident Abderrahmane Youssoufi als Ungläubiger, sondern auch wegen seiner Teilnahme an einem ökumenischen Trauergottesdienst nach den Anschlägen vom 11. September in der Kathedrale von Rabat: „In einer Kirche zu beten ist eine der höchsten Sünden, die ein Moslem begehen kann.“

Die Fatwa gegen die Regierenden ist populär. Eine Million Islamisten gingen 1991 während des Golfkrieges in Rabat gegen die Allianz Marokkos mit den USA auf die Straße. Jetzt denken die religiösen Gruppierungen wieder über Mobilisierungen nach.

„Die Gewalt seitens der USA gegen Afghanistan ist schlimmer als die Gewalt, die die Vereinigten Staaten erfahren haben“, heißt es in Erklärungen der beiden großen islamistischen Gruppen, Al Adl Wa Al Ishan und der Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung.

Die Propaganda funktioniert: Bei einer Telefonumfrage der Wirtschaftszeitung L'Économiste zeigten sich 41 Prozent der Befragten solidarisch mit Ussama Bin Laden. Ein Ergebnis, das umso mehr erschreckt, wenn man bedenkt, dass in Marokko nur die Bessergestellten über ein Telefon verfügen.

„Keinerlei Unterstützung an den barbarischen Krieg“, fordert auch die Marokkanische Vereinigung für Menschenrechte (AMDH). Für die einflussreiche Organisation, die einst im Umfeld der radikalen Linken entstand, handelt es sich bei den Bombenangriffen auf Afghanistan um „eine amerikanisch-britische Aggression“ und um eine „strategische Unterstützung des zionistischen Terrors in Palästina.“ REINER WANDLER