Hühnerhof, Bienen und PCs

Kooperationen erwünscht und umstritten: Die MOTTE wird 25  ■ Von Liv Heidbüchel

Die Zeichen stehen auf Expansion. Ideen gibt es zuhauf, Partner allerorten melden Kooperationwillen an, ein Projekt jagt das nächste. So bewegt sieht es derzeit im Stadtteilzentrum Ottensen, in der MOTTE, aus. Angefangen hat die MOTTE 1976, feiert also dieses Jahr ihren 25. Geburtstag. Noch heute ist das ehrenamtliche Engagement exis-tenziell für den Fortbestand des Hauses. So wie die Ehrenamtlichen mit Hilfe von Mitgliedsbeiträgen und Spenden das Unternehmen in der ehemaligen Schokoladenfabrik erst anschoben, ist auch 25 Jahre später die MOTTE ohne ihre rund 120 unentgeltlich Tätigen nicht denk- und machbar.

Von Anfang an stand dabei die Jugendarbeit im Vordergrund. Kindertheater und -chor, die unterschiedlichste Nutzung der Werkstätten und die Video-WerkstattMottenschau: alles Traditionen, die bis heute Bestand haben. An Einsatz und Wissen der Ehrenamtlichen sind etliche Projekte gebunden wie der Hühnerhof, die Bienen auf dem Dach oder der Bau der Segelyacht Fitzcarraldo.

Schon drei Jahre nach der Gründung erkannte die Kulturbehörde den Wert der MOTTE und fördert sie seitdem. Mit institutioneller Förderung sowie der für Jugendarbeit und Eigeneinnahmen kommt das Stadtteilzentrum in der Eulenstraße jetzt auf immerhin knapp 1,5 Millionen Mark im Jahr. Trotzdem mussten zwei der erkämpften fes-ten Stellen gestrichen werden. Ein bisschen Angst hat Geschäftsführer Michael Wendt deshalb schon, „weiter so wursteln zu müssen“.

Angesichts der vielen Fühler, die die MOTTE in alle Richtungen ausstreckt, klingt Wendt allerdings sehr zuversichtlich. Bevor er 1994 die Stelle des Geschäftsführers besetzte, hatte die MOTTE besonders im hauptamtlichen Bereich viel Fluktuation zu verkraften. Wendt beschreibt die Zeit seines Antritts als Umbruchsituation: „In einem in den 70ern gegründeten Selbstverwaltungsbetrieb kommt man irgendwann an den Punkt, wo alles festgefahren ist. Und du fragst dich: Was ist hier eigentlich so anstrengend?“ Transparenz musste her, befand der Geschäftsführer: „Die MOTTE ist ein Konglomerat aus unterschiedlichen Interessen. Da kannst du dir ins Knie beißen vor Freude, was bei Auseinandersetzungen so rauskommt.“ Unter der Evaluation von ehrenamtlicher Arbeit versteht Wendt allerdings keine piesackende Lernzielkontrolle. Vielmehr strebt er nach sinnvoller Weiterentwicklung: weniger passives Anbieten von Kursen als verstärktes Zugehen auf Menschen.

Auch die Präsentation der MOTTE nach außen sollte mehr Gewicht bekommen. Seitdem ist Griet Gäthke für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständig. Als alte Ottenserin ist sie fest davon überzeugt, dass sich die Ottenser mehr mit ihrem Stadtteil identifizieren als andere Hamburger. Es herrsche eine richtige Dorfatmosphäre, der die MOTTE Rechnung tragen müsse: „Wir haben hier eine Mischung aus Ottenser Urgestein und neugierigen Neuen.“ Und die sollen alle gleichermaßen informiert und eingebunden werden.

Dafür legt man sich denn auch mächtig ins Zeug, was unter anderem das Buch zum Jubiläum beweist (siehe Kasten). Allerdings ist keineswegs unumstritten, ob die Öffnung des linken Kulturzentrums in Richtung Kommerz eine glückliche Verbindung darstellt. Knackpunkt bei den MOTTE-Machern war und ist etwa die Kooperation mit dem Mercado anlässlich der altonale. Wendt und Gäthke gehören zu den Initiatoren und betonen die Fruchtbarkeit dieses Miteinanders. So schlägt der enge Kontakt mit dem Einzelhandel eine Brücke zur Jugendarbeit und dem Projekt „Berufsbild“.

Auch kommt das Kulturzentrum, so Wendt, für den Ausbau des PC-Bereichs und der Medien-MOTTE nicht um finanzkräftige Unternehmen aus der Branche als „Partner zum Andocken“ herum. Gäthke ist besonders vom Austausch zwischen so genannter Sub- und Hochkultur angetan, sprich MOTTE und Staatsoper.

Mit Hinblick auf den neuen Senat hat sich die MOTTE also fast schon in weiser Voraussicht um intensive Lobby-Arbeit bemüht und verstärkt auf Vernetzung gesetzt. Wendt scheut jedoch keine Ausei-nandersetzung mit dem Rechtsblock – schließlich weiß er um die Qualitäten der MOTTE. Zum 25. Geburtstag stellt er fest: „Es ist eine Zäsur und zugleich eine Konsolidierung. Wir haben uns gefunden.“ Voller Elan und Stolz blicken Gäthke und Wendt auf den erstarkten Teamgeist sämtlicher Beteiligter. Bleibt zu wünschen, dass auch in Zukunft alle etwas davon haben.