Postenschachern im Wespennest

Hamburger Rechts-Senat steht nach Streit um Ämter und Personen fast fest. Senatoren werden heute vorgestellt  ■ Von Peter Ahrens und Sven-Michael Veit

Der Stich hat gesessen. „Und greifst du in das Wespennest, so greife fest“: Mit diesem Zitat von Wilhelm Busch hatte Hamburgs CDU-Parteichef Dirk Fischer ges-tern Nachmittag die Koalitionsverhandlungen des Rechtsblocks gar launig umschrieben. Denn erstmals seit Beginn der Gespräche vor zweieinhalb Wochen kam es ges-tern zu Gerangel unter den drei Partnern, die Hamburg regieren wollen. Auf der Tagesordnung standen schließlich keine programmatischen Details, sondern Posten.

Die FDP weigerte sich mannhaft, unter der Verkleinerung des bislang 12-köpfigen Senats zu leiden. Zehn Behörden waren das erklärte Ziel von Bald-Bürgermeister Ole von Beust (CDU) gewesen, nun werden es doch elf. Denn die Liberalen beharrten darauf, zwei Senatoren zu stellen, weder Union noch Schill jedoch wollten ihrerseits einen Posten abgeben. Aus arithmetisch-politischen Gründen wurde also aufgestockt: Fünf für die CDU, vier für Schill und zwei für die FDP. Geplant ist ein Modell nach dem Prinzip: Aus eins mach zwei. Das projektierte Bildungsressort, welches FDP-Vormann Rudolf Lange versprochen war, würde danach wieder in seine Bestandteile Schule und Hochschule zerlegt, die dann beide von FDP-Leuten geleitet würden.

Auch wenn das Modell von allen drei Spitzenkandidaten erarbeitet und anschließend für gut befunden wurde – Namen von künftigen Senatsmitgliedern erfuhr die Presse gestern wieder einmal nicht. Am Abend wollten Lange, Schill und von Beust das Personalpaket sich erst von den Vorständen und Fraktionen ihrer Parteien absegnen lassen. Stimmen die Gremien zu, soll der Senat heute Mittag der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Ihm werden definitiv Ole von Beust als Erster Bürgermeister, Ronald Schill als Zweiter Bürgermeis-ter und Innensenator sowie Rudolf Lange angehören – ob als Bildungs-, Schul- oder Wissenschaftssenator, war noch offen.

Die Ämter für Jugend und Berufsbildung, die zurzeit zur Schulbehörde gehören, könnten zusammen mit dem Amt für Soziales eine neue Behörde bilden, deren Chefin höchstwahrscheinlich die CDU-Bundestagsabgeordnete Birgit Schnieber-Jastram wird. Dies ist Teil des CDU-Planes, die „SPD-Filz“-Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales (BAGS) zu zerschlagen. Darüber hinaus übernimmt wohl der CDU-Bundestagsabgeordnete Gunnar Uldall die Finanzbehörde, die Wirtschaftsbehörde dürfte für die Union der Bertelsmann-Manager Bernd Schip-horst leiten. Er erhielte aus der BAGS das Amt für Arbeit dazu.

Unklar ist das vierte CDU-Ressort: Vermutlich übernimmt Parteichef Dirk Fischer, ebenfalls Bundestagsabgeordneter, die Bau- und Verkehrsbehörde, der die bisherige Stadtentwicklungsbehörde zugeschlagen wird. Möglich ist aber auch, dass von Beusts Sicherheitsberater Roger Kusch Justizsenator wird oder Fraktionsvize Roland Salchow eine neue Behörde für Umwelt sowie – der Rest der BAGS – Gesundheit und Verbraucherschutz übernimmt.

Zwei dieser drei Ressorts dürften an die Schill-Partei fallen; über deren potenzielle Senatoren gibt es aber keine gesicherten Informationen. Falls die FDP die Teilung des Bildungsressorts ablehnt, würde sie sich auch für das Justizressort interessieren, wo der Bundestagsabgeordnete und frühere Staatssekretär im Bundesjustizministerium Rainer Funke Gewehr bei Fuß steht. Unwahrscheinlich ist hingegen, dass die Liberalen sich mit einem weiteren „weichen“ Ressort abspeisen lassen: Kultur zum Beispiel. Für diesen Job wurde gestern die 56-jährige parteilose Nike Wagner, streitbare Ur-Enkelin von Richard Wagner, gehandelt.