Nettigkeiten in Delhi

Partnerschaftsbekundungen gegen den Terror beim Besuch des US-Außenministers in Delhi. Powell sagt den Indern, was sie hören wollen

DELHI taz ■ Indien hat den USA versichert, dass es mit ihnen „Schulter an Schulter“ gegen den Terrorismus kämpft. US-Außenminister Colin Powell beteuerte bei seinem gestrigen Besuch in Delhi seinerseits, dass dieser Kampf sich auch gegen Terrorismus in Indien wende. Vor der Presse bezeichneten beide Außenminister ihre Länder als „natürliche Alliierte“. Das Thema Kaschmir, das Powell am Montag mit indischem Artilleriefeuer über die Waffenstillstandsgrenze in Erinnerung gerufen worden war, wurde auch angeschnitten. Aber beide Seiten gaben sich Mühe, es im Interesse der laufenden Militärkampagne gegen den Terror nicht hochzuspielen.

Beide Gesprächspartner projizierten den Besuch als Treffen zwischen Freunden, bei dem alle bilateralen Beziehungen besprochen wurden. Lediglich deren Charakterisierung durch Außenminister Jaswant Singh als „freundschaftlich, frei und fruchtbar“ zeigte, dass beide Länder nicht alle Themen gleich gewichten. Powell hatte am Vortag in Islamabad Kaschmir als „zentrales Thema in den bilateralen Beziehungen zwischen Indien und Pakistan“ bezeichnet. Das goutierte Delhi nicht. Powell zog sich aus der Schlinge, indem er behauptete, er habe nur von „einem“ und nicht „dem“ zentralen Thema gesprochen. Und er ließ die Inder hören, was sie hören wollten – dass Kaschmir ein bilaterales Problem sei. Die USA seien ein Freund von Indien und Pakistan und bereit, wenn beide es wünschten, eine hilfreiche Rolle zu spielen.

Powell und Innenminister L.K. Advani unterzeichneten ein Rechtshilfeabkommen, das auch den Austausch geheimdienstlicher Informationen über terroristische Netzwerke einschließt. Kaum hatte Powell gestern Delhi Richtung Apec-Gipfel in Schanghai verlassen, setzte Pakistan seine Armee in erhöhte Alarmbereitschaft. Begründet wurde dies mit Truppenbewegungen in Indien, die Delhi dementierte. Powell hatte beiden Seiten zu Zurückhaltung aufgefordert.

Heute trifft Bundesaußenminister Fischer in Pakistan ein, zehn Tage später wird Bundeskanzler Schröder für drei Tage Indien besuchen und auf dem Hinweg am 28. Oktober „aus aktuellem Anlass“ einen Zwischenstopp einlegen, um Präsident Pervez Muscharraf in Islamabad zu treffen.

BERNARD IMHASLY

kommentar SEITE 12