Letzter Flug des Feuer fressenden Falken

Rechawam Seewi wurde respektiert als unnachgiebiger Parteisoldat und militanter Palästinenserfeind

JERUSALEM taz ■ Es war nicht das erste Mal, dass Tourismusminster Rechawam Seewi seinen Rücktritt aus der Regierung ankündigte, doch am Montag meinte er es ernst. „Wir warten noch 48 Stunden ab, dann werden wir die Last der Koalition von uns abwerfen“, sagte er offenbar erleichtert über die eigene Entscheidung.

Als ihn gestern die tödlichen Schüsse in Kopf und Hals trafen, war die Frist bis zum Inkrafttreten des Rücktritts noch nicht abgelaufen. Seewi wurde im Flur des achten Stockwerkes im Ostjerusalemer Hyatt-Hotel, wo er regelmäßig übernachtete, erschossen. Der Minister war auf eigenen Wunsch nicht von Leibwächtern begleitet worden. Keine Schwäche zu zeigen war ihm wichtig. Vielleicht auch aus diesem Grund trug der 75-Jährige bis zu seinem Tod die Armeekette mit der Identitätsnummer des Soldaten Seewi um den Hals.

„Lippen und Herz sind bei ihm am selben Platz“, schrieb erst kürzlich der politische Korrespondent der Tageszeitung Ha’aretz, Akiva Eldar, über den Erfinder des „Transfers“. Seewi, dessen steter Grundsatz war „Im Land Israel ist kein Platz für zwei Völker“, blieb sich ohne Zweifel treu. Wäre es nach ihm gegangen, hätten die Palästinenenser ihre Koffer packen müssen und wären in eins der arabischen Nachbarländer deportiert worden.

Seewi verschaffte sich vor allem in den 60er- und 70er-Jahren den Ruf eines brutalen Militaristen – zunächst als Kommandant im Westjordanland und später als Regierungsberater im Kampf gegen den Terror. Expremierminister Jitzhak Rabin (Arbeitspartei) hatte den „Feuer fressenden Falken am rechten Rand der Knesset“, wie es in der Biografie des später ermordeten Premierministers heißt, dazu ernannt. Seewi genoss trotz seiner politischen Umstrittenheit großen Respekt auch im linken Lager. Er galt als Workaholic, als übereifrig und zuverlässig und hatte sich, so schreibt Schimon Peres in seinen „Erinnerungen“, „durch seine Sorgfalt in seiner langen Dienstzeit einen guten Ruf erworben“.

1988 zog er als Chef der Partei Moledet (Heimat) ins Parlament ein und setzte fortan als Politiker seinen Kampf gegen jeden Kompromiss mit den arabischen Nachbarn fort. Arafat war für ihn ein „Kriegsverbrecher“, Ägyptens Regierungschef Husni Mubarak nannte er einen „Lügner“, den früheren US-Präsidenten George Bush beschimpfte er als „Antisemiten“. Besonders scharf kritisierte er seinen früheren Chef Rabin, nachdem der über den Abzug israelischer Truppen aus Teilen des Westjordanlandes entschieden hatte. „Dies ist eine Regierung von Wahnsinnigen, die den nationalen Selbstmord beschlossen hat“, meinte Seewi damals. Der ermordete Tourismusminister hinterlässt Frau und fünf Kinder. SUSANNE KNAUL