Einbruch alter Rollenmuster

■ „La Répétition“ auf den Lesbisch Schwulen Filmtagen

Wenn Freud Recht hat, dann lieben wir nicht nur einmal, sondern wir finden Liebesobjekte in Anlehnung an frühere Erfahrungen wieder. In diesem Sinn ist jede Liebesgeschichte eine Wiederholung, in die zugleich eine zeitliche und räumliche Differenz eingeschrieben ist. La Répétition, der im Rahmen der Lesbisch Schwulen Filmtage läuft, nimmt sich schon im Titel des Themas der Wiederholung an. Indem der Film zwei ehemalige Freundinnen abermals aufeinander treffen lässt, erkundet er die machtvolle Wirkungsweise eines sich in der Liebe wiederholenden Verkennens.

Louise und Nathalie finden sich Jahre nach ihrer gemeinsamen Schulzeit wieder. Sie stehen beide inzwischen erfolgreich im Leben, sind Beziehungen eingegangen und haben den Beruf ihrer Wahl gefunden. Zunächst begegnen sich beide mit freundlicher Distanz. Erst als Louise beschließt, Einfluss auf die Schauspielkarriere von Na-thalie zu nehmen, brechen alte Rollenmuster in ihr gegenseitiges Verhältnis ein. Louise ist in gleichem Maße von Bewunderung für ihre Freundin wie von Hass für sie erfüllt. Denn Nathalie kommt ihr unerreichbar vor, insbesondere für ihre Zuneigung. Ein Wahnwitz ist es daher, dass beide bald ein Abhängigkeitsverhältnis eingehen. Während Nathalie sich Unterstützung für ihre Arbeit erhofft, erwartet Louise Anerkennung für ihre Liebesbeweise. Festgelegt erscheint, was sich beide voneinander wünschen – eine Struktur, die sich in ihrer Unerfüllbarkeit im Kreis dreht.

Wenn in jeder Wiederholung die Chance besteht, eine Differenz zwischen Vergangenheit und Zukunft zu entdecken, dann impliziert sie immer auch die Möglichkeit eines Aufbruchs. Doch in La Répétition brechen vielmehr alte Gefühle in das potenziell Neue hinein. So erkundet Regisseurin Catherine Corsini die Macht der Vergangenheit, die sich als Festlegung über die Gegenwart legt und die Wahrnehmung von Unterschiedlichkeit verunmöglicht. Als Destruktives wird in La Répétition die Wiederholung bestimmt – als Unmöglichkeit einer befreiten Wahrnehmung voneinander. Schwerwiegend erscheint dann eine psychische Figur, die ansonsten Raum für Selbsterkenntnis bieten kann. Corsini führt aber in einer schauspielerisch großartigen Umsetzung ihre destruktive Schattenseite vor – und zeigt eine Negativfolie dessen, was viele als die Möglichkeit der Liebe bewegt.

Doro Wiese

heute, 20.15 Uhr, Zeise + Sonntag, 22.30 Uhr, Metropolis