Alles klar: Rot-Rot
: Wie wählt Wowereit?

Ein Bündnis mit Gregor Gysis PDS ist völlig sicher: Für die Sozialdemokraten ist es das weit bequemere Bündnis
Aus Sicht der Berliner SPD gibt es zwingende Gründe für Rot-Rot – und für eine Ampelkoalition

Der Wahlsieger wird Klaus Wowereit heißen – und nicht Gregor Gysi. Diese Prophezeiung ist heute, zwei Tage vor der Wahl, nicht riskant. Das ist gut für Rot-Rot. Nie und nimmer hätte die SPD mit einer PDS koaliert, die stärker ist als sie selbst – eine Perspektive, die zu Beginn des Wahlkampfs durchaus realistisch schien.

Daraus wird wohl nichts. Gysi als Regierender Bürgermeister? Diese Fiktion hat sich vier Monate und einen Terrorschock später erledigt. Die PDS ist auf dem Boden der Tatsachen angekommen. Und entdeckt, dass sie den rot-grünen Übergangssenat erst möglich gemacht hat. Dafür möchte sie nun die Ernte einfahren. Schließlich hat sich Wowereit, der Wahlsieger ohne rot-grüne Mehrheit, schon einmal mit PDS-Hilfe wählen lassen – nach Diepgens Sturz im Juni.

Warum kann Wowereit nicht mit der FDP regieren? „Ich brauche Optionen“ hat Klaus Wowereit seit seinem Amtsantritt wie ein Mantra immer und immer wiederholt. Und damit bestimmt nicht die FDP gemeint. Die Liberalen bringen nur kümmerliche acht Prozent der Wählerstimmen mit. Aber sie haben außer Günter Rexrodt nur politische Greenhorns in ihren Reihen. Die könnten ja noch auf die Idee kommen, ihr ehrgeiziges Wahlprogramm auch umsetzen zu wollen!

Was spricht für die PDS? Die Programme von PDS und SPD lesen sich erstaunlich ähnlich: Ausgerechnet die beiden Parteien mit linker Tradition wollen die maroden Berliner Finanzen durch strikte Sparpolitik sanieren. Auch die führenden Personen verstehen sich gut. Gysi ist bald wieder in höheren Sphären. Dann hält der PDS-Fraktionschef Harald Wolf wieder viele Fäden in der Hand. Und Wolf ist wie der Regierende Bürgermeister vor allem eines: mit ganzem Herzen Haushaltspolitiker.

Warum wird der Kanzler auf Rot-Rot drängen? Gerhard Schröder mag zurzeit sauer sein auf die Peaceniks aus der Ostzone. Aber langfristig hat mit der PDS noch viel vor. Eine strukturelle Mehrheit jenseits der CDU garantiert die ostdeutsche Volkspartei PDS nämlich nicht nur in Berlin. Sondern auch im übrigen Neufünfland. Das Kalkül: Gewöhnt sich das Publikum erst an eine Regierungsbeteiligung der SED-Nachfolger in der ehemaligen Mauerstadt Berlin, dann wird sich auch anderswo bald niemand mehr aufregen. Ein roter Osten bedeutet eine ebenso komfortable wie billige Mehrheit im Bundesrat. Und wenn man die Sozialisten irgendwann doch für eine Mehrheit im Bund braucht – dann stellen Gysi, Bartsch und Klaus die Frage nach Krieg und Frieden vielleicht doch nicht mehr so kategorisch.

Und was ist mit den Grünen? Koaliert Wowereit tatsächlich mit der PDS, will er die Grünen am liebsten auch im Boot haben. Das hat er so laut erklärt, dass die grünen Anführer skeptisch geworden sind. Nach einigem Hin und Her haben die Alternativen erklärt, nicht grünes Feigenblatt für Rot-Rot spielen zu wollen. Die Grünen machen also nur mit, wenn es ohne sie zur linken Mehrheit nicht reicht.

Rot-Rot ist also wirklich völlig sicher? Ja, unbedingt. Schröder und Wowereit sind Realisten genug, zu wissen, dass man Berlin nicht gegen beide Volksparteien CDU und PDS zugleich regieren kann. Und die PDS ist den SPD-Genossen zurzeit nicht nur der sympathischere, sondern vor allem der billigere Partner. Lassen Sie sich also nicht von absurden Gerüchten über eine Ampelkoalition irritieren.