Israel: Ultimatum

Arafat soll Attentäter binnen einer Woche ausliefern. Sechs Menschen kommen bei erneuten Angriffen im Westjordanland ums Leben

JERUSALEM taz ■ Innerhalb einer Woche soll Palästinenserpräsident Jassir Arafat die Verantwortlichen für den Mordanschlag auf Tourismusminister Rechawam Seewi an Israel ausliefern. Tut er das nicht, wird Israel die Autonomiebehörde künftig als „den Terror unterstützend“ betrachten und entsprechend gegen sie vorgehen. Dies solle auf ähnliche Weise geschehen, wie es „von der internationalen Gemeinschaft akzeptiert wird“, erklärte Kabinettssekretär Gidon Saar mit Blick auf das Vorgehen der USA gegen Afghanistan. Bereits gestern früh stießen Soldaten und Panzer in das Autonomiegebiet bei Dschenin und Ramallah vor. Bei dem Panzerbeschuss auf eine Schule wurde ein zehnjähriges Mädchen getötet. In Ramallah starben zwei palästinensische Sicherheitsbeamte bei Gefechten. Über beide Städte wurde eine Ausreisesperre verhängt. Am Abend flog die israelische Armee dann einen Hubschrauberangriff auf Bethlehem. Nach Angaben palästinensischer Ärzte wurden dabei drei Fatah-Mitglieder getötet, darunter ein örtlicher Milizkommandant.

Die palästinensische Führung protestierte gegen die Invasionen und lehnte das Ultimatum ab, signalisierte aber Kooperationsbereitschaft bei der Fahnung nach den Attentätern. Im Gaza-Streifen wurden drei Mitglieder der Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP), die sich zu dem Mord bekannt hatte, verhaftet.

Siad Abu-Siad, Minister für Jerusalem-Angelegenheiten, sprach sich gegen die Auslieferung der Verdächtigen aus. „Wenn sich die Täter tatsächlich im Autonomiegebiet aufhalten, müssen sie verhaftet und hier vor Gericht gestellt werden“, meinte er in einem Interview.

Eine Wiederaufnahme der direkten politischen Kontakte schloss Kabinettssekretär Saar indes vorläufig aus. Allerdings telefonierte Außenminister Schimon Peres nach dem Mordanschlag mit dem Palästinenserpräsidenten, um ihm dringend zur Kooperation zu raten. Für Ministerpräsident Ariel Scharon „ist die Ära Arafat zu Ende“, so zitierte die auflagenstärkste Tageszeitung Yediot Achronot den Regierungschef. Ab sofort werde er auf die Kabinettsmitglieder einwirken, um „den Palästinensern gegenüber anders als bisher zu agieren“. Der politische Analytiker von Yediot Achronot glaubt indes, dass „alles genau so weitergehen wird wie bisher“.

SUSANNE KNAUL