Berlin für rotes Rathaus

Die PDS drängt nach ihrem überraschenden Erfolg auf eine Senatsbeteiligung. Im Osten steigt sie auf 47,9, im Westen auf 6,7 Prozent. Die CDU bricht ein und verliert fast 17 Prozent. Steffel will bleiben

von ANDREAS SPANNBAUER

Unmittelbar nach Bekanntwerden der ersten Wahlergebnisse hat die PDS die Sozialdemokraten zur Bildung einer rot-roten Koalition aufgefordert. „Das ist ein klarer Mitregierungsauftrag“, sagte der Spitzenkandidat Gregor Gysi im Abgeordnetenhaus unter dem tosenden Jubel seiner Anhänger. Das Ergebnis der PDS, die in den Hochrechnungen zuletzt bei 22,6 Prozent lag, sei eine „politische Weichenstellung“.

Gysi forderte den Wahlsieger und Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) dazu auf, auf eine Koalition mit den Grünen und der FDP zu verzichten. „Die Berliner haben im Kern rot-rot gewählt.“ Der Sieg der PDS sei ein neuer Ansatz für die Hauptstadt, sagte Gysi weiter. „Links wird wieder interessant.“ Er führte den Wahlerfolg der PDS auch auf die Haltung seiner Partei zum Krieg in Afghanistan zurück, die „im Gegensatz zur Eierei der Grünen“ eine klar ablehnende Position vertreten habe.

Die PDS konnte gegenüber 1999 knapp fünf Prozentpunkte zulegen. Damit hat sie ihr Wahlziel von „20 Prozent plus x“ klar übertroffen. Zuletzt waren ihr maximal 18 Prozent prognostiziert worden. Die SPD wurde mit 30,1 Prozent stärkste Partei. Im Ostteil der Stadt blieb sie jedoch deutlich hinter den Erwartungen. Die Grünen verloren erneut und kamen auf 9,1 Prozent. Die FDP, die bisher nicht im Abgeordnetenhaus vertreten war, erzielte 9,8 Prozent. Eine Ampelkoalition aus Sozialdemokraten, Grünen und FDP würde damit nur über eine knappe Mehrheit von voraussichtlich zwei Sitzen verfügen

In der PDS führt dies auch mit Blick auf die Koalitionsverhandlungen zu neuem Selbstbewusstsein. „Wir sind stärker als FDP und Grüne zusammen“, sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Gesine Lötzsch. Jeder Gedanke an eine Ampelkoalition sei angesichts dieser Stimmverteilung „der absolute Witz“. Sollte sich die SPD gegen eine Zusammenarbeit mit der PDS entscheiden, dann wäre dies „ein Affront gegen den Osten“.

Im Ostteil der Stadt hatte fast jeder Zweite sein Kreuz für die Sozialisten gemacht; die PDS kam dort auf 47,9 Prozent und legte damit im Vergleich zu 1999 noch einmal um über acht Prozent zu. Selbst im Westteil der Stadt erreichte die PDS 6,7 Prozent und verbesserte sich damit um zwei Prozent.

Das Ergebnis zeige, dass die PDS im Westen angekommen sei, triumphierte der Fraktionsvorsitzende Harald Wolf. „Vielleicht können wir ja den Sozialdemokraten noch eine große Koalition anbieten“, scherzte Wolf. Er forderte die SPD auf, sich „klar für eine Koalition der sozialen Gerechtigkeit und gegen eine Koalition der sozialen Kälte zu entscheiden“.

SPD-Spitzenkandidat Klaus Wowereit sagte auf die Frage nach möglichen Koalitionen, man werde beide Optionen prüfen. Er wolle jedoch eine „stabile Koalition für die nächsten fünf Jahre“. Die Unternehmensverbände in Berlin und Brandenburg haben unterdessen vor einer Senatsbeteiligung der PDS gewarnt. Sie habe sich gegen den Bau des Großflughafens in Schönefeld ausgesprochen, erinnerten die Unternehmer.

Die CDU erlitt ein Rekordminus von fast 17 Prozent. CDU-Spitzenkandidat Frank Steffel übernahm dafür die Hauptverantwortung. Seine Partei habe vom Wähler einen Denkzettel erhalten, gab Steffel zu. Von persönlichen Konsequenzen zu sprechen vermied er am Abend jedoch. Er wolle die Rolle des Oppositionsführers übernehmen. „Das wird eine kraftvolle Opposition“, sagte Steffel.

CDU-Landeschef Eberhard Diepgen sagte: „Der Wahlausgang ist zwar eine schmerzliche Niederlage und ein klarer Auftrag der Wähler an die CDU, in die Opposition zu gehen.“ Dennoch solle die Partei nun „die Kräfte bündeln“. Diepgen und andere CDU-Vertreter lehnten ab, künftig auf Frank Steffel zu verzichten.