Geheimtipp-Status forever: Pop für Spezialisten

■ Verhinderte Superstars mit flächiger Klangästhetik: „The American Analog Set“ in der Astra Stube

The American Analog Set sind nicht gerade eine Neuentdeckung. Immerhin hat die Band seit 1996 bereits vier Alben und eine Singles-Kompilation veröffentlicht. Um so erstaunlicher ist es, dass die popsensiblen Texaner trotz ihrer Outputmenge von der hiesigen Musikpresse bislang flächendeckend ignoriert wurden.

Dabei ließe sich ihr Sound wunderbar in die „quiet is the new loud“-Schublade stecken – ein Sinnbild, das zu Beginn des Jahres von vielen als neuer Trend gesehen wurde. Doch der Bekanntheitsgrad des US-Quintetts bleibt konstant bescheiden. Lediglich eine kleine Zahl von Indie-LiebhaberInnen, die ihre Platteneinkäufe über Importwege tätigen, hütet die Band als Geheimtipp.

Die Ursache hierfür mag darin liegen, dass es sich um eine Musik handelt, für deren Entdeckung man sich Zeit und Ruhe nehmen muss. Den ersten drei Alben des American Analog Set lagen minimalistische Strukturen in gemäßigtem Tempo zu Grunde, über deren Gerüst sich allmählich subtile Gesangs- und Farfisamelodien entwickelten.

Von Beginn an nahmen die Texaner allerdings auch für sich in Anspruch, als Popband zu gelten: Die harmonisch-flächige Klangästhetik, die visuelle Präsentation in geschmackvoller Covergestaltung und nicht zuletzt der betonte Rückgriff auf analoge Mittel zeigen seit jeher, dass die Band eine Vorliebe für die Popkultur der Sechziger kultiviert. Auf ihrem aktuellen Album Know By Heart haben sie sich neueren Tendenzen zugewandt und ihren im Midtempo gehaltenen Eröffnungstitel demonstrativ mit Punk As Fuck betitelt – als ginge es darum, unbedingt aus einem Dornröschenschlaf erwachen zu wollen. Die neuen Stücke sind vielschichtiger und songorientierter, zusätzlich wurde die Dominanz der vormals schrillen Farfisa-Orgel durch ein Fender Rhodes Piano und ein warmes Vibraphon ersetzt.

Auf diesem Weg ist dem schmalbrüstigen Quintett eine der schöns-ten Indiepop-Platten des Jahres gelungen, deren angenehme Song-qualität nie Gefahr läuft, in die frühere Langatmigkeit zurückzufallen. Anders als beispielsweise Velvet Underground, die, als sie in Richtung Massentauglichkeit abdrifteten, viel von ihrer ursprünglichen Genialität verloren, haben The American Analog Set auf ihrem Weg zum Pop an Schöpferkraft noch hinzugewonnen.

Leider funktioniert der Vergleich auch im Umkehrschluss, denn viel bekannter sind sie dadurch hierzulande noch nicht geworden. Dafür ist immerhin anzunehmen, dass die wenigen Eingeweihten heute Abend abermals in ihrem Gespür für großartige Musik bestätigt werden und das Konzert in der Astra Stube noch lange im semiöffentlichen Gespräch bleiben wird.

Sandra Ziegelmüller

heute, 21.30 Uhr, Astra Stube