SPD auf Brautschau

Nach den Wahlen in Berlin will SPD-Bürgermeister Klaus Wowereit erst mit Grünen und FDP, dann mit Gregor Gysis PDS Sondierungsgespräche führen. Bundes-SPD bevorzugt Ampelkoalition

BERLIN taz/dpa ■ Die SPD, Siegerin der Wahlen in Berlin, will zunächst in Richtung Ampelkoalition mit den Grünen und mit der FDP verhandeln und dann erst die Chancen für ein rot-rotes Bündnis mit der PDS ausloten. Ob die gestern durchgegebene zeitliche Abfolge der Verhandlungen etwas über das angestrebte Regierungsbündnis aussagt, ist allerdings unklar. Während die Bundes-SPD Wowereit eher die Vorzüge einer Ampelkoalition anpries, sprachen sich SPD-Spitzen der Länder für ein Bündnis mit der PDS aus.

Noch am Wahlabend hatte SPD-Bürgermeisterkandidat Klaus Wowereit angedeutet, er halte ein solides Bündnis für wichtig, was als Aussage in Richtung Rot-Rot gewertet wurde. Gestern jedoch nahm er dies etwas zurück: „Eine große Mehrheit kann auch instabil sein, wie wir bei der großen Koalition gesehen haben“, sagte er. Das wurde als Argument für die Ampel gewertet, da sie im Gegensatz zu Rot-Rot im Abgeordnetenhaus nur eine hauchdünne Mehrheit von zwei Stimmen hätte.

Bundeskanzler Gerhard Schröder erklärte Wowereit gestern: „Stabil ist nicht eine Frage der Zahl, sondern dass man sich auf ein solides Programm einigt“, und ergänzte: „Berlin ist auf eine Zusammenarbeit mit der Bundesregierung angewiesen.“ Auch SPD-Generalsekretär Franz Müntefering sprach sich gegen Rot-Rot aus: „Es gibt auch Koalitionen, die mit knappen Mehrheiten regieren. Das ist manchmal sogar disziplinierend.“

Andere SPD-Spitzenpolitiker mahnten, dass der Erfolg der PDS im Ostteil der Stadt, wo sie fast die Hälfte aller Wählerstimmen holte, auf keinen Fall übergangen werden dürfe. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner, dessen Regierung von der PDS toleriert wird, sagte, eine Koalition mit der PDS dürfe kein Tabu sein. Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff, der in Schwerin 1998 als erster SPD-Politiker mit der PDS koalierte, erklärte, im Berliner Wahlergebnis sehe er einen „Auftrag, die Stadt zusammenzuführen“. Niedersachsens SPD-Vizechef Wolfgang Jüttner hielt die PDS für „kalkulierbarer“ als eine Ampel, deren beide kleine Partner „im Zweifel nicht sehr pflegeleicht“ seien. Der designierte SPD-Chef von Nordrhein-Westfalen, Landessozialminister Harald Schartau, meinte: „Wer über die PDS die Nase rümpft, rümpft sie über einen Großteil der Wähler.“ Die PDS selbst erneuerte gestern ihr Angebot einer gemeinsamen Regierung. UWI

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