Bächlein statt Beton

■ Der Vegesacker Bahnhofsplatz wird zum zweiten Mal innerhalb von vierzehn Jahren umgebaut. Kommt dabei auch die Schönebecker Aue aus ihrem Tunnel heraus?

„Die Neugestaltung des Bahnhofsplatzes ist die große Chance, die entsetzliche Verrohrung der Schönebecker Aue endlich zu beseitigen“, ist Peter Krauß, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Bremer Schweiz, überzeugt. Seit 50 Jahren fließt das Vegesacker Hausbächlein in einem 125 Meter langen Betonrohr unter dem Bahnhofsplatz hindurch. Nun soll es nach dem Willen der Naturschützer wieder offen gelegt werden. Nicht nur aus ökologischen Gründen, wie Christian Schiff, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft, betont: Die offen geführte Aue könnte auch ein „unverwechselbares Entree“ für Vegesack werden.

Verantwortlich für die erneute Umgestaltung des gerade einmal 14 Jahre alten Bahnhofsvorplatzes ist schon zum zweiten Mal die BSAG. Mitte der 80er Jahre hatte sie darauf gedrängt, die alten Bussteige abzuschaffen und den Platz als „Insel“ mit Bus-Anlegebuchten an den Rändern zu gestalten. Inzwischen wünscht sie sich den alten Zustand wieder her, weil er das Umsteigen zwischen Bahn und Bussen erleichtere. „Jetzt planen wir eben um, auch wenn es Geld kostet und wir eigentlich ganz zufrieden sind“, meint Rainer Frankenberg vom Bauamt Bremen-Nord dazu nur.

An eine Offenlegung der Aue, wie sie die Arbeitsgemeinschaft dann vorschlug, hatten die Planer urspünglich nicht gedacht. Daher war auch nur auf einem der acht Vorentwürfe, die Landschaftsarchitekt Karl-Peter Schreckenberg am Montag den 40 TeilnehmerInnen des von Krauß und seinen MitstreiterInnen organisierten Symposiums präsentierte, ein Bachlauf zu sehen. Auch der stellte sich dann jedoch als Kosmetik heraus: Lediglich ein Teil des Aue-Wassers sollte in einen künstlichen See auf dem Platz fließen, der Rest weiterhin im dunklen Rohr bleiben. Ein Vorschlag, der auf einhellige Ablehnung der Anwesenden stieß.

„Wiederherstellung des Fließgewässers!“, formulierte Michael Schirmer, wissenschaftlicher Mitarbeiter für auatische Ökologie an der Universität Bremen, das Interesse der Naturschützer: „Die Fische müssen wieder wandern können.“ Gerade im Hinblick auf die im Oberlauf der Aue geplanten Verbesserungen sei es unabdingbar, den „Flaschenhals“ vor der Mündung in die Weser zu beseitigen. Schreckenberg rechtfertigte seinen Vorschlag mit dem großen Höhenunterschied zwischen dem Bahnhofsplatz und der Weser. Würde man die Aue tatsächlich ganz offen legen, so verliefe sie in einem sieben Meter tiefen Graben, der ästhetische Reiz sei gleich null. Schiff konterte mit eigenen Messungen: Der Höhenunterschied zwischen Platz und Auesohle, auf den es ankomme, betrage weniger als vier Meter. Und schließlich sei die Aue auch vor 50 Jahren noch über den Platz geflossen: „Ich habe das Gefühl, dass die Öffnung der Aue teurer und schwieriger geredet wird, als sie es ist.“

Angesichts der neuen Fakten, die Schiff vorstellte, scheint auch die Zustimmung des Beirats zu den Vorstellungen der Naturschützer möglich. Damit hätte die Aue zumindest die erste Hürde genommen. Bleibt die Frage, ob auch die Baudeputation sich für eine offene Schönebecker Aue begeistern kann und die entsprechenden Mittel aufgebracht werden können. Aber selbst der sehr skeptische Sprecher der Bausenatorin, Holger Bruns, räumt ein: „Das scheitert nicht an den Finanzen.“ Armin Simon