Koalition findet ihr eigenes Gesetz nicht gut

■ Nur die Grünen werden heute den Senatsentwurf zum Melderechts-Gesetz verteidigen. CDU hält plötzlich doch an Vermieter-Beteiligung fest

Die Bürgerschaft wird heute Nachmittag das neue Meldegesetz beraten – mit seltsam verkehrter Rollenverteilung: Den Gesetzesentwurf, den der Senat auf Vorschlag des CDU-Innensenators eingebracht hat, werden die Grünen verteidigen. Die CDU will gegen den Entwurf ihres eigenen Senators sein, und die SPD wird „halbherzig, aber erfolgreich“ (so ihr innenpolitischer Sprecher Hermann Kleen) mit der CDU gegen den Senatsentwurf streiten.

Der Punkt der Verwirrung ist die „Mitwirkungspflicht des Wohnungsgebers“ bei der erforderlichen amtlichen Meldung: Derzeit muss jeder, der sich in Bremen anmeldet, eine Unterschrift des Vermieters beibringen. Das ist bürokratisch, und der SPD-Politiker Kleen findet es außerdem ungerecht, denn ein Hauskäufer müsse ja auch nicht die Unterschrift seines Kreditgebers vorzeigen, wenn er sich anmeldet. „Bürokratischer Schwachsinn“ sagt auch der Grüne Matthias Güldner. In Bremen hatte die SPD, als sie noch allein regierte, diese Regelung einmal abgeschafft. Die Ampel-Koalition hatte die Vermieter-Unterschrift dann wieder eingeführt, als auffiel, dass in bestimmten Häusern mehr Asylbewerber gemeldet waren als das Haus vermietbare Quadratmeter hatte.

In puncto Sicherheit habe das aber nichts gebracht, resumiert der Innenpolitiker Kleen. Gegenüber der skeptischen CDU zog schließlich ein anderes Argument: Bei der mit der geplanten Verwaltungsvereinfachung möglichen Online-Anmeldung ist die Vermieterunterschrift unpraktikabel. Das sah die CDU ein, alle waren einig, und der Senat beschloss den Gesetzesentwurf, in dem unter Paragraf 14 steht: „(weggefallen)“.

Wenn dieser Entwurf heute im Parlament beraten wird, dann werden die Fraktionen von CDU und SPD beantragen, das „(entfallen)“ durch einen neuen, nämlich den alten Paragraf 14 wieder zu ersetzen. Nicht die Vermieterunterschrift wird da jetzt verlangt, aber eine Vermieterpflicht, sich davon zu überzeugen, dass sich seine Mieter „an- bzw. abgemeldet“ haben. Wenn der Mieter die Meldebescheinigung nicht vorlegt, „hat der Vermieter“ dies der Meldebehörde anzuzeigen. „Die Hardliner in der CDU haben Oberwasser bekommen und die SPD stimmt zu vor lauter Schiss – nach dem 11. September“, interpretiert der Grüne Güldner diesen neuen Schwenk. Logisch ist das nicht, denn gerade das Kennzeichen der „Schläfer“ ist ja, dass sie sich superkorrekt verhalten: Keiner der Hamburger Attentäter wäre wegen der Meldeauflagen aufgefallen.

„Weil es in die jetzige Diskussion nicht passt“, hat sich die SPD-Fraktion dem Schwenk der CDU angeschlossen, erklärt dennoch der Sprecher der SPD-Fraktion. Der Innenpolitiker Kleen will der Änderung nur zustimmen, damit das neue Meldegesetz „so schnell wie möglich“ verabschiedet wird. Inhaltlich hält er die alte Regelung für überzeugender: Das Melderegister sei nicht unter Sicherheits-, sondern unter Dienstleistungs-Gesichtspunkten relevant. Kleen hat keine Bauchschmerzen, jetzt der CDU nachzugeben, weil in dem Abschnitt mit den Sanktionen die Vermieter nicht vorkommen – der Vermieter, der einen säumigen Mieter nicht meldet, riskiert nichts, ihm droht kein Bußgeld.

Aus einem zweiten Grund hält Kleen die neuerliche Änderung für eine Kuriosität: In dem geplanten Melderechts-Rahmengesetz des Bundes soll die „Mitwirkung des Vermieters“ nämlich gestrichen werden. „In einem Jahr müssen wir dann den Paragraf 14 wieder kippen“, sagt der SPDler. Auch deshalb habe er keine Bauchschmerzen, ihm jetzt zuzustimmen. K.W.