Alles wie gehabt

CDU-Vorstand blockiert personelle Erneuerung der Partei. Diepgen bleibt, und die Fraktionsmitglieder schmollen

Der von der CDU-Bundesparteispitze ausgesandte Ruf nach einer personellen Erneuerung in der Berliner Union dringt dort trotz der schweren Wahlniederlage vom Sonntag wenig durch. Auf der Sitzung des Landesvorstands am Montagabend, bei der über das schlechte Abschneiden der CDU (23,7 Prozent gegenüber 40,8 1999) beraten wurde, sicherte Parteichef Eberhard Diepgen dem Wahlverlierer Frank Steffel Unterstützung für dessen erneute Kandidatur zum Fraktionsführer zu. Zugleich will man im Berliner Parteivorstand von einem Wechsel an der CDU-Spitze offenbar auch nichts wissen. Forderungen nach einem Rücktritt seien auf der Vorstandssitzung nicht gestellt worden, sagte Landesgeschäftsführer Matthias Wambach. Damit bleibt die einen Tag nach der Wahl von Unionschefin Angela Merkel und gestern auch von Teilen der CDU-Fraktion angemahnte personelle Reform der Partei erst einmal auf der Strecke.

Die von 76 auf nur 35 Sitze geschrumpfte CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus hat sich gestern konstituiert. Steffel selbst zeigte sich bei der Fraktionssitzung optimistisch, dass die CDU-Abgeordneten „mit großer Geschlossenheit“ für ihn votieren würden. Ob angesichts sicherer Mehrheiten in der Fraktion für Steffel sich ein Gegenkandidat findet und es zur Kampfabstimmung kommt, blieb gestern unklar. Der Fraktionschef soll am Freitag gewählt werden.

Mehr als die Frage des Fraktionschefs beschäftigte einige CDU-Abgeordnete die Entscheidung des Landesvorstands. Nach Ansicht von Michael Braun müssten nach dem Wahlergebnis auch „sachliche und personelle Konsequenzen“ gezogen werden. Kai Wegner forderte, den bis 2003 gewählten Landesvorstand schon früher als geplant zu erneuern. Auch Andreas Apelt erklärte, dass in der CDU die Neubesetzung der Parteispitze diskutiert werden müsse.

Diepgen hatte am Vortag signalisiert, den langjährigen Posten als Parteichef nicht aufgeben zu wollen. Die Neuwahl des Landesvorstands stehe „nicht an“, sagte Diepgen, der bis 2003 gewählt ist. Die Partei müsse jetzt außer auf Erneuerung auch auf Kontinuität setzen. Damit zeigten sich der Landeschef und der konservative Flügel im Vorstand nicht nur uneinsichtig gegenüber den Ursachen, die zum Wahlfiasko führten – etwa die von Diepgen zu verantwortende Banken- und Finanzkrise in der Stadt. Zugleich blockiert dessen Weiter-so-Haltung, dass etwa Ambitionen von Exfinanzsenator Peter Kurth auf das Spitzenamt von diesem erst einmal begraben werden können.

In Schwierigkeiten kommt die Parteispitze dennoch. Wegen des erhöhten Aufwands für die vorgezogenen Wahlen und des schlechten Ergebnisses muss die CDU einen Kredit aufnehmen. Nur so sei am Ende des Jahres ein ausgeglichener Jahreshaushalt zu erreichen, sagte Matthias Wambach gestern. Die Ausgaben für den Wahlkampf seien nicht eingeplant gewesen. Zudem werde die Wahlkampfkostenerstattung recht niedrig ausfallen. „Wir müssen eine neue mittelfristige Finanzplanung machen.“ Die Höhe des Defizits sei noch nicht bekannt. ROLA