KLIMAZIELE UND KRAFT-WÄRME-KOPPLUNG SOLLEN REDUZIERT WERDEN: Minister Müllers Ermessen
Der Zusammenhang ist unverkennbar: Kurz vor dem neuen Klimagipfel im marokkanischen Marrakesch hat Bundeswirtschaftsminister Werner Müller einen Paradigmenwechsel in der deutschen Energiepolitik gefordert. Wobei er eigentlich die Klimapolitik meinte. Den Ausstoß von Kohlendioxid wie geplant zu reduzieren, sei für die deutsche Wirtschaft kontraproduktiv, so der Minister. Seine Argumente: Der Klimaschutz habe deutlich negative Folgen für das Wirtschaftswachstum und koste die Volkswirtschaft viel zu viel Geld.
Niemand hatte von Müller, dem ehemaligen Vorstand beim Stromriesen Veba, wirklich erwartet, als Vorreiter beim Umbau der Energiewirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit zu glänzen. Bisher gilt die regierungsamtliche Klimapolitik als ressortübergreifend; ihre Macher sitzen in den Regierungsfraktionen und im Umweltministerium, und Müller hatte die rot-grünen Beschlusslagen zu vollziehen. Ein Fehler, wie sich jetzt zeigt. Egal ob bei Förderrahmen, Förderlaufzeit oder Reduktionsziel – mitnichten ist Müllers Gesetzestext zur Förderung der Kraft-Wärme-Kopplung im Sinne des Erfinders. Mit dem plötzlich geschrumpften Förderrahmen bleibt er deutlich hinter der Vereinbarung zwischen Regierung und Stromverbänden zurück, die seinerzeit schon als Minimalkompromiss galt.
Die Mechanik der jetzt einsetzenden Aufregung ist bereits aus dem Frühsommer bekannt. Als der Wirtschaftsminister die Förderung der Solarenergie zusammenstrich, zeterten die roten und grünen Energiepolitiker. Ohne damit Erfolg zu haben – Müller nahm die Kürzung nicht zurück, auch in seinem neuen Haushalt bleibt der Posten reduziert. So wird erst frisches Geld aus Eichels Sparkästchen den Koalitionsfrieden wieder herstellen.
Die jetzige Aufregung braucht jedoch eine andere Mechanik. Es geht nicht nur um Geld, sondern um Müllers Ermessensspielräume. Der Kanzler muss seinen Wirtschaftsminister zurückpfeifen – das ist er den Grünen und den Umweltpolitikern in der eigenen Partei schuldig. In jedem Falle zeigt der Streit: Es ist fatal, Klimapolitik ohne Müller machen zu wollen. Denn der wichtigste Klimaminister ist der Wirtschaftsminister. NICK REIMER
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