Grüne können auch mit Gysi

Bei den ersten Sondierungsgesprächen nach der Wahl in Berlin war auch eine mögliche rot-grün-rote Koalition ein Thema. Grüne Jugend warnt vor Ampel. PDS drängt erneut auf Regierungsbeteiligung. SPD-Spitze gibt Berliner Landespartei freie Hand

von ANDREAS SPANNBAUER

Trotz einer ausreichenden Mehrheit für ein rot-rotes Bündnis in Berlin halten die Grünen nun auch eine Koalition mit SPD und PDS für möglich. Rot-Rot-Grün sei eine Option, sagte die Spitzenkandidatin Sibyll Klotz im Anschluss an Sondierungsgespräche im Roten Rathaus. Es handle sich jedoch um eine schwierige Konstellation.

Zuvor hatten Vertreter von SPD und Grünen auch über eine mögliche Zusammenarbeit mit der FDP beraten. Eine Sprecherin der SPD sagte, die Gespräche seien „in sehr guter Atmosphäre“ geführt worden. Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) erklärte, auch er schließe ein Dreierbündnis mit PDS und Grünen nicht aus. Dies sei aber vor allem ein Thema der Medien: „Bei der Grundfrage, ob die PDS mit in die Regierung soll oder nicht, wird es nicht besser, wenn man Grün dazu gibt.“

Bisher hatten die Grünen eine Beteiligung an einer SPD-PDS-Koalition, für die sie rechnerisch überflüssig wären, strikt abgelehnt. „Es gibt aber bisher keinen Parteitagsbeschluss, der ein rot-rot-grünes Bündnis ausschließt“, sagte ein Sprecher der Partei.

Nun soll die Entscheidung davon abhängig gemacht werden, in welcher Konstellation die Grünen ihre Programmatik am besten umsetzen können. „Wir gehen raus mit der Option, die Ampel ernsthaft zu prüfen“, teilte Klotz mit. Dies heiße nicht, dass die Ampel auch gelingen werde, sagte der Grünen-Sprecher. Im Gegensatz zu anderen Koalitionsverhandlungen sei in Berlin „tatsächlich alles offen“.

Gestern Abend sollte eine Landesdelegiertenkonferenz der Grünen über das weitere Vorgehen beschließen. Die Grüne Jugend warnte vor „kaum überbrückbaren Gegensätzen“ zwischen FDP und Bündnisgrünen. „Lieber Rot-Rot als morgen tot“, hieß es in einer Erklärung.

FDP-Spitzenkandidat, Günter Rexrodt, der am Nachmittag ebenfalls mit Wowereit verhandelte, sprach im Anschluss von „einigen Knackpunkten“, „die wir noch nicht aus der Welt geräumt haben“. Ein FDP-Sprecher teilte mit, Gespräche mit den Grünen seien „bisher nicht geplant“.

Die PDS steht einer Beteiligung der Grünen an einem Dreierbündnis nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. PDS-Spitzenkandidat Gregor Gysi schloss eine solche Konstellation gestern erneut nicht aus. Der PDS-Fraktionsvorsitzende Harald Wolf schätzte die Chancen auf einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit der FDP gering ein. Er gehe davon aus, „dass die Ampel langsam ihren Zenit überschreitet“, sagte Wolf bei der konstituierenden Sitzung der neuen Fraktion im Abgeordnetenhaus.

Gysi forderte erneut eine Beteiligung seiner Partei an der Regierung: „Eine Entscheidung gegen die PDS ist eine Spaltungsentscheidung.“ Die PDS werde „Kompromissfähigkeit und Zuverlässigkeit beweisen“, versicherte Gysi. Seine Partei werde jedoch nicht die demütigende Rolle eines „halben Koalitionärs“ einnehmen. Für den Abend hatte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit auch Vertreter der Sozialisten zu ersten Gesprächen über eine Regierungsbildung eingeladen.

SPD-Generalsekretär Franz Müntefering bekräftigte noch einmal die Souveränität des Berliner Landesverbandes bei der Wahl der Regierungspartner. Im Vordergrund stünden die Interessen der Stadt. Auch Bundeskanzler Gerhard Schröder lasse Wowereit freie Hand.

Nach dem Abschluss der Sondierungsverhandlungen will der Landesvorstand der SPD über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden. Ein Termin dafür stehe jedoch bisher nicht fest, sagte eine Sprecherin der Sozialdemokraten.