afghanistan
: Mehmet an die Front

Von US-Außenminister Colin Powell wird kolportiert, er gehöre zur Fraktion derjenigen, die keinen Krieg beginnen, wenn sie nicht wissen, wie sie ihn beenden können. Da die Ziele des derzeitigen Krieges in Afghanistan aber nach wie vor unklar sind, ist es auch schwer zu entscheiden, wann er eigentlich beendet ist: nach Gefangennahme oder Tod Bin Ladens? Nach dem Sturz der Taliban? Nach der flächendeckenden oder teilweisen Besetzung des Landes?

Kommentarvon JÜRGEN GOTTSCHLICH

Bereits jetzt ist absehbar, dass eine politische Lösung zur Befriedung des Landes schwer zu erreichen sein wird. Wenn die USA keine gewaltige Besatzungsmacht aufbieten, gleichwohl aber verhindern wollen, dass im Land ein Vakuum entsteht, das erneut von missliebigen Leuten gefüllt wird, braucht es eine Interimsverwaltung. In solch undankbaren Lagen erinnert sich auch die letzte verbliebene Supermacht gerne der Vereinten Nationen. Sie möchte, dass Kofi Annan das ausgepowerte, zerbombte Land vorübergehend unter seine Fittiche nimmt. Dafür soll ihm eine Blauhelmtruppe zusammengestellt werden, die nach US-Plänen überwiegend aus muslimischen Kontingenten bestehen soll. Als Geberland ist vor allem die Türkei im Gespräch, zugleich Nato-Mitglied und mit einer Armee ausgestattet, die „Berg-Erfahrung“ im Kampf gegen die Guerilla der PKK gesammelt hat.

Das könnte eine gute Idee sein, wenn die USA bereit sind, diese Länder bereits im Vorfeld, also jetzt, an der Diskussion um eine spätere politische Lösung zu beteiligen. Damit würden die USA auch dem Vorwurf begegnen, dass der islamische Flügel ihrer Anti-Terror-Allianz nur zur Bestätigung der US-Kriegsführung herzuhalten hat.

Bevor Mehmet an die Front geht, und sei es unter einem blauen Helm, wird er wissen wollen, was das Ziel ist und in welchem Zeitraum es erreicht werden kann. Das wird nicht ganz einfach, denn die Türkei unterstützt die usbekische Minderheit in Afghanistan, während Pakistan darauf drängt, die Taliban zu integrieren. Das verlangt der UNO eine delikate Gleichgewichtspolitik ab.

Allen muslimischen Ländern gemeinsam ist der Wunsch, diesen Krieg schnell zu beenden. Je eher dies geschieht, umso mehr wird die türkische Bevölkerung auch bereit sein, den Einsatz ihrer Armee zu unterstützen. Dass dann ein Kontingent deutscher Blauhelme unter türkischem Oberbefehl stehen könnte, ist auf dem Weg zum Frieden sicherlich kein Hindernis.