„Das Loch wird nur verlegt“

David Hawkes, Personalrat der Staatsanwälte: Aufrüstung der Polizei führt zu Mehrbelastung der Gerichte

taz: Herr Hawkes, innere Sicherheit ist jüngst zum Hauptthema der Politik avanciert. Die Berliner Polizei wird nun mit einem 14-Millionen-Mark-Sofortprogramm aufgerüstet. Was heißt das aber für die Rechtsprechung in Berlin?

David Hawkes: Das ist wie eine Wanderbaustelle auf der Autobahn. Das Loch wird verlegt, aber im Stau stehen die gleichen Leute wie zuvor. Eine Aufrüstung der Polizei bedeutet, dass mehr Verfahren auf die Justiz zukommen werden. Hier in Moabit landet das dann alles an und kann nicht bearbeitet werden.

Sie und ihre Kollegen fordern daher vom Senat ein Investitionsprogramm für die Justiz. Warum?

In der Justiz ist in den letzten Jahren, egal unter welcher Koalition, in erheblichem Maße gespart worden. Das führt dazu, dass wir in allen Bereichen der Rechtsprechung und Umsetzung eine personelle Unterbesetzung von etwa 20 Prozent gegenüber dem anerkannten Bedarf in Deutschland haben. Das sind Lücken in unseren Reihen, die Bürger im Umgang mit der Justiz täglich erleben. Das führt zu großen Frustrationen in der Öffentlichkeit.

Was heißt das für diejenigen, die Straftaten begehen? Ist Berlin eine attraktive Stadt für Kriminelle?

Wir haben darüber keine Statistiken, aber es ist bei uns eine immer wieder bestätigte Erfahrung, dass Berlin als Standort für Straftäter relativ attraktiv ist. Insbesondere im Bereich der organisierten Kriminalität oder der Wirtschaftskriminalität kann in Berlin nicht in dem Ausmaß verfolgt werden, wie in anderen Bundesländern.

Was muss ein zukünftiger Senat für die Justiz tun?

Wenn man in dieser Stadt etwas für die innere Sicherheit tun will, geht das nur flächendeckend und nicht punktuell. Das gilt für alle zukünftig regierenden Parteien, egal in welcher Konstellation. Ich rufe nicht nach einer Richter-Schill-Partei.

Wie kann denn sinnvoll in Justiz investiert werden?

In Bereichen wie der Verfolgung krimineller Kartelle und von Korruption zahlen sich schon geringe Investitionen vielfach aus. Oder umgekehrt gesagt kostet das Land eine unzureichende Justiz erheblich mehr als die Investitionen in die Justiz selbst.

INTERVIEW: A. WOLTERSDORF