: Augen auf Gorleben
■ Internationale BeobachterInnen begleiteten Proteste gegen Castor-Transport
Neutrale internationale BeobachterInnen kennt man aus Ländern der so genannten Dritten Welt, in denen es Probleme mit Demokratie und Bürgerrechten gibt, und denen die „Erste Welt“ auf die Finger schaut. Wie es die Bundesrepublik Deutschland im Konfliktfall mit den Bürgerrechten hält, wollten die internationalen BeobachterInnen des „Gorleben International Peace Team“ wissen: Sieben MenschenrechtlerInnen aus Sri Lanka, Kamerun, Frankreich und Deutschland haben die Auseinandersetzungen um den letzten Castor-Transport im März dieses Jahres beobachtet. Ihre Erfahrungen sind nun in einem Buch veröffentlicht.
Um die Organisation des Peace Teams hat sich nun zum zweiten Mal die Bildungsstätte „Kurve Wustrow“ (Kreis Lüchow-Dannenberg) gekümmert. Das Fazit der „International Eyes on Gorleben“ fällt eindeutig aus: Während des Transportes „waren die meisten BürgerInnenrechte für alle, ob DemonstrantInnen oder nicht, völlig außer Kraft gesetzt.“ Die Polizei sei nicht mehr als Schutz der BürgerInnen erschienen, sondern „vielmehr als Bedrohung oder Besatzungsmacht“. Daran hätten auch die „KonfliktmanagerInnen“ nichts ändern können. Mehrfach hat das Peace Team den „völlig unnötigen Einsatz physischer Gewalt“ gegen friedliche DemonstrantInnen beobachtet.
Dabei differenzieren die MenschenrechtlerInnen in ihrem Bericht durchaus zwischen den einzelnen Polizeieinheiten. Vor allem jene aus Sachsen sind ihnen durch eine „völlig übermäßige Härte“ aufgefallen. Das Peace Team stellt auch in Frage, ob die Polizeiführung in der Lage gewesen sei, den Widerstand im Wendland realistisch einzuschätzen – wenn etwa erklärt gewaltfreie DemonstrantInnen verdächtigt wurden, Essigsäureanschläge auf PolizistInnen durchzuführen.
Abschließend äußern sich die MenschenrechtlerInnen „tief besorgt“ darüber, dass in Deutschland „Menschen- und BürgerInnenrechte angesichts der Interessen der Wirtschaft und Politik wenig zählen“. Das Peace Team für den kommenden Castor-Transport wird gerade zusammengestellt.
Heike Dierbach
Der Bericht kann für 10 Mark (incl. Porto) bestellt werden unter 05843/98 710
Siehe auch S. 9
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