: Shoppen an der Uni
■ Die neueste Uni-Innovation heißt „Bazar GW 2“. Statt Bildung für umsonst gibt es Nippes gegen Geld. Die Studis finden's gut
„Es ist ja alles so trocken hier immer“, findet Peter Schmeling. Der Inhaber eines Ladens in der Glashalle der Uni will die Hochschule zum Handelsplatz machen. Mit den „nachweislich mindestens 8.000-10.000 potentiellen Käufern“, die täglich auf den Weg zur Mensa vorbeikommen, wirbt Schmeling in Trödelzeitschriften für die von ihm geschaffene „Bremer Uni-Meile“. Ein knappes Dutzend Händler hat sich schon auf dem neuen Flohmarkt angesiedelt, die meisten zunächst versuchsweise. „Wir probieren erst mal aus, ob sich das für uns rentiert.“ Angelika Buth aus Schwanenwede spricht für das Gros ihrer KollegInnen. Vor ihr türmen sich Bonbonsäcke, liegen Teepackungen, Ringe und Duftölfläschchen. Knapp zwei Mark kosten die Bonbons, „Uni-Preise“ steht daneben. Kunden sind weit und breit keine zu sehen. „Riesig sind die Umsätze nicht“, gibt die professionelle Händlerin zu. Wie ihre Standnachbarin hofft sie auf das Weihnachtsgeschäft.
„Die Kunden kommen vor allem in den Pausen“, weiß Buth. In der Tat: Kaum ist es Mittag, füllt sich der Gang, einzelne bleiben stehen. Was die Kunstdrucke kosten, will einer wissen. Beim dreistelligen Preis zögert er: „Das ist ja ein heftiges Weihnachtsgeschenk.“ Trotzdem findet der Geschichtsstudent den „Bazar“ eine gute Idee: „Am Wochenende würde ich jetzt nicht auf Flohmärkte gehen.“
Oben auf dem Boulevard zur Mensa hält sich der Andrang ebenfalls noch in Grenzen. „Wer die Erwartung hat, dass er sich hier schnell 'nen Tausender von der Matte holen kann: Das ist hier nicht“, stellt Winfried Schultze klar. Für den Elektriker ist der Verkauf von Platten, Micky Maus-Comics und Zahnbürsten im Sechserpack vor allem ein Hobby: „Wenn ich Zeit hab', bin ich hier.“ Er ist sich sicher: „Mehr Stände würden der Sache ganz gut tun.“ Fünf Meter weiter hat der aus Cuxhaven angereiste Enno Weers bereits 14 Gummimasken verkauft – Halloween lässt grüßen. „Man muss ein bischen trendig sein, dann läuft das hier“, ist der hauptberufliche BGS-Beamte überzeugt. Begeistert gibt sich seine Kollegin Ursula Bollhorst vom Interesse der Bremer Bildungselite an Holzspielzeug, Skateboards, Pflanzen und Plastikfirlefanz: „Ich hab' gestern schon Bestellungen entgegen genommen.“
„Es ist zwar nichts dabei, was ich unbedingt brauche, aber es bringt ein bischen Leben hier rein“, meint Tillman Schwenk. Wie der Uni-Mitarbeiter urteilen die meisten Passanten. Sie schätzen das Bummeln in der Mittagspause. Elektrotechnik-Student Niclas Krakat: „Vielleicht macht man hier ein Schnäppchen.“
Etwa zehn Mark pro Meter und Tag zahlen die Händler an Schmeling, der führt einen Teil davon an die Uni ab. Die Hochschulverwaltung war von seiner Idee, „die freiliegende Fläche“ auf dem Universitätsboulevard und im GW 2 „Gewinn bringend zu nutzen“, angetan und hat einen Nutzungsvertrag mit ihm geschlossen. Bedingung: Stände studentischer Gruppen haben Vorrang. Der Buchhändler aus Cuxhaven, der sich für den Bazar extra auf dem benachbarten Campingplatz einquartiert hat, überlegtangesichts des schwachen Umsatzes derweil, ob er das richtige Sortiment hat: Will niemand „Susi Sexperts liederliche Lesbenwelten“ kaufen? Armin Simon
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