Endspurt beim Sparen

Der rot-grüne Übergangssenat will in diesem Jahr noch einmal rund 135 Millionen Mark sparen. Die CDU spricht von Wählertäuschung, die PDS bleibt gelassen. Viele Vorschläge seien eine Luftbuchung

von RICHARD ROTHER

Kurz vor dem Ende seiner Amtszeit will der rot-grüne Senat noch einmal rund 135 Millinen Mark einsparen. Wie gestern bekannt wurde, geht dies aus einer Liste hevor, die dem Abgeordnetenhaus bereits am vergangenen Freitag vorgelegt wurde. Dabei werden erneut die Zuschüsse für Orchester, Theater und wissenschaftliche Einrichtungen gekürzt.

In einzelnen sehen die Sparmaßnahmen vor, dass Kultursenatorin Adrienne Goehler (parteilos) allein 30,4 Millionen Mark einsparen muss. Das Deutsche Symphonie Orchester soll demnach mit 1,68 Millionen Mark weniger auskommen als ursprünglich vorgesehen, das Schauspielhaus büßt knapp eine halbe Million ein. Die Ausgaben für das Studenten-BaföG will die Senatorin um knapp fünf Millionen Mark reduzieren, obwohl diese Aufgabe gesetzlich vorgeschrieben ist.

Schul- und Sportsenator Klaus Böger (SPD) will etwa 2 Millionen Mark bei den Betriebskosten für Kindergärten einsparen, 7 Millionen Mark sollen durch gekürzte Zuschüsse an die maroden Bäderbetriebe hereinkommen. Die von den Grünen nominierte Wirtschaftsenatorin Juliane Freifrau von Friesen soll auf 13 Millionen Mark verzichten. Knapp zehn Millionen fallen bei den Förderprogrammen für die öffentliche Infrastruktur weg. Die Wirtschaftsförderung Berlin soll mehr als eine Million Mark weniger bekommen.

Grund für die Einsparungen in allen Ressorts ist die so genannte kleine Haushaltssperre, die Finanzsenatorin Christiane Krajewski (SPD) bereits am 31. Juli erlassen hatte. Alle Senatoren mussten ihre Ausgaben nochmals um zwei Prozent reduzieren.

Die künftige Oppositionspartei CDU fuhr gestern dennoch schwere Geschütze auf. „Das ist Wählertäuschung ersten Grades“, sagte CDU-Generalsekretär Joachim Zeller. Die Sparliste sei den Wählern bewusst vorenthalten worden. Nun werde die Öffentlichkeit damit konfrontiert, dass wesentliche Wahlaussagen der SPD schlicht gelogen gewesen seien. „Das Wahlversprechen der SPD, an Schulen und Kitas dürfe nicht gespart werden, war unter diesen Umständen glatter Hohn.“ Und angesichts der Sicherheitsdiskussion sei der geplante Personalabbau bei der Polizei besonders dreist.

Die PDS, möglicher Regierungspartner der SPD, übte sich in demonstrativer Gelassenheit. „Das ist ein ganz unspektakulärer Vorgang“, so Fraktionshaushaltsexperte Carl Wechselberg. Die Liste sei im September von dem für den Haushalt zuständigen Hauptausschuss angefordert worden und jetzt vorgelegt worden. Dennoch gebe es eine „Menge Kritik“ an den Sparvorschlägen. „Da wird mal wieder virtuell gespart.“ Zum Beispiel behaupte Innensenator Ehrhart Körting (SPD), er spare 9 Millionen Mark bei seinem Personal. Dies seien aber nur Mittel, die dieses Jahr ohnehin nicht mehr benötigt würden. „Das ist eine reine Luftbuchung“, so Wechselberg. Auch andere Senatsverwaltungen würden zwar Sparvorschläge machen, könnten aber deren Umsetzung nicht garantieren.

Bemerkenswert ist, dass der Hauptausschuss die Umsetzung der Sparmaßnahmen in diesem Jahr ohnehin nicht mehr kontrollieren kann. Der neue Hauptausschuss trifft sich frühestens Anfang Dezember zu seiner konstituierenden Sitzung. Wechselberg: „Dann sind alle Messen gesungen.“

Auch der Grünen-Haushaltsexperte Oliver Schruoffeneger ist skeptisch. „Das wird eine Hängepartie.“ Im Dezember könne man kaum noch etwas bewegen. Die Sparliste sei allerdings „an einzelnen Punkten ärgerlich“. Erst würden beispielsweise den Berliner Bäderbetrieben 27 Millionen Mark zugesagt, jetz sollten es nur noch 20 Millionen Mark sein. „Das irritiert schon ein bisschen.“ Schwierig dürfte es zudem werden, gerade im Kultur- und Wissenschaftsbereich die anvisierten Sparvorgaben zu erfüllen.