: USA zweifeln an ihrem Sieg
Bin Laden wird vielleicht nie gefasst, meint Verteidigungsminister Rumsfeld. Pentagon-Sprecher von Stärke der Taliban „überrascht“. US-Luftangriffe treffen angeblich vollbesetzten Bus
WASHINGTON/BERLIN taz/rtr/ap/afp ■ Die US-Regierung bezweifelt offenbar, dass sie Ussama Bin Laden im Zuge des Afghanistan-Krieges fassen wird. „Ich weiß einfach nicht, ob wir Erfolg haben werden“, sagte Verteidigungsminister Donald Rumsfeld in einem Interview mit der Zeitung USA Today. Die Welt sei groß und Bin Laden habe viel Geld und viele Unterstützer. Und selbst wenn es gelänge, Bin Laden zu fassen, bliebe das Netzwerk der al-Qaida weiter aktiv. „Wenn er morgen weg wäre, würde das gleiche Problem weiterbestehen“, sagte Rumsfeld.
Zuvor hatte ein Sprecher des Pentagon die Fähigkeiten der Taliban-Kämpfer gelobt. „Sie sind zähe Kämpfer“, sagte Konteradmiral John Stufflebeem in der Nacht zum Donnerstag in Washington. „Ich bin ein wenig überrascht, wie hartnäckig sie an ihrer Macht hängen“, antwortete Stufflebeem auf die Frage nach dem Erfolg der bisherigen Angriffe auf Afghanistan. Vor einer Woche hatte das Pentagon noch optimistisch erklärt, dass die Kampffähigkeit der Taliban durch die dauernden Angriffe eingeschränkt worden sei.
Bei den Angriffen der US-Luftwaffe wurde gestern nach Angaben der Taliban-nahen Nachrichtenagentur AIP in der südafghanischen Stadt Kandahar ein vollbesetzter Bus getroffen und dabei wurden mindestens zehn Menschen getötet. Pakistanische Rettungsdienste erklärten, sechs Schwerverletzte seien zur Behandlung in die pakistanische Grenzstadt Chaman gebracht worden. Es wäre bereits das siebte Mal, dass afghanische Zivilisten bei einem Angriff getötet wurden. Zuletzt sollen Anfang der Woche eine Moschee, ein Krankenhaus und ein Dorf von Streubomben getroffen worden sein. Dabei hatte es nach Angaben der Taliban mehr als hundert Tote gegeben. Die US-Luftwaffe bombardierte gestern auch wieder Ziele in der Umgebung der Stadt Masar-i Scharif im Nordwesten des Landes, um so das Vorrücken der Nordallianztruppen zu unterstützen.
Außenminister Colin Powell sieht keine Gefahren darin, den Krieg auch nach Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan fortzusetzen. Die Demonstrationen in den islamischen Ländern seien „beherrschbar“, er sehe „keine Destabilisierung“ in diesen Staaten, sagte Powell in Washington. Pakistans Militärmachthaber Pervez Muscharraf hatte Anfang der Woche vor einer Fortsetzung des Krieges in den Ramadan hinein gewarnt.
Bei der Anhörung lehnte Powell eine dominierende Rolle Pakistans in der Nachkriegsregierung Afghanistans ab. Auch die USA können das Land nach Auffassung Powells nicht regieren: „Es funktioniert nicht, wenn irgendein fremdes Land vorgibt, wie die künftige Regierung aussieht.“ EC
meinung SEITE 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen