Israel und seine arabischen Bürger

„Nationalität: jüdisch“ steht bei den meisten Israelis im Pass. Gut 1,2 Millionen Menschen zählte das Jerusalemer Statistikamt im vorigen Sommer, bei denen das nicht der Fall ist – also bei rund zwanzig Prozent der israelischen Bevölkerung.

Die überwiegende Mehrheit der Palästinenser mit israelischem Pass lebt in rein arabischen Städten und Dörfern vor allem in Galiläa, im Norden Israels. Unmittelbar nach dem Unabhängigkeitskrieg 1948 evakuierten die israelischen Militärs mit oft brutaler Gewalt komplette Dörfer und Städte. Der unmissverständliche Auftrag der Soldaten war, den Landstreifen zwischen Tel Aviv und Jerusalem „araberfrei“ zu machen. Das Ergebnis ist, dass im Landesinnern heute verhältnismäßig wenige Palästinenser mit israelischem Pass leben.

Arabische Israelis absolvieren keinen Militärdienst. Zwar gibt es für sie die Möglichkeit, sich freiwillig zu melden. Davon wird aber – aus nahe liegenden Gründen – nur wenig Gebrauch gemacht.

Aus dem Nichtdienen ergeben sich zahlreiche soziale Nachteile. Die militärische Laufbahn ist oft für die berufliche Karriere entscheidend. Wer nicht gedient hat, dem ist der Weg zu fast allen öffentlichen Institutionen versperrt. Dazu kommt, dass die Militärjahre als Wartezeit für einen Studienplatz angerechnet werden, und selbst Banken vergeben günstige Kredite nur an die, die fürs Vaterland in den Krieg gezogen sind.

Die arabischen Ortschaften in Israel weisen die höchsten Armutsraten auf sowie die höchste Rate von Jugendlichen, die vorzeitig die Schulen verlassen. Zur Finanzierung von Fördereinrichtungen fehlen die städtischen Gelder, aber auch von staatlicher Seite kam jahrelang so gut wie nichts.

Das so genannte Dreieck, ein Gebiet, in dem die meisten der arabischen Dörfer liegen, wurde bis in die Siebzigerjahre von einer Militäradminstration verwaltet. Dörfer, in denen es kein vernünftiges Abwassersystem gibt, sind bis heute keine Seltenheit.

Inzwischen genießen die Palästinenser offiziell volle Staatsbürgerrechte. Vor zwei Jahren kandidierte sogar kurzfristig ein Araber für den Posten des Premierministers. Nichtsdestrotrotz dauert die Diskriminierung der arabischen Bevölkerung an – sie ist sogar gesetzlich manifestiert. So ist es für Juden kein Problem, die israelische Staatsbürgerschaft zu erhalten, während Muslime und Christen Familienverbindungen nachweisen müssen und oft Jahre auf ihre Einbürgerung warten.

Gleichzeitig sind alle Personenrechte ausschließliche Angelegenheit der Religionsgelehrten, also in erster Linie der Rabbiner. Die Möglichkeit einer nichtreligiösen Eheschließung gibt es nicht in Israel, was Mischehen verhindern soll. Sollten tatsächlich einmal ein Muslim und eine Jüdin den Wunsch haben, den Rest ihres Lebens miteinander zu verbringen, dann müssen sie zur Hochzeit ins Ausland reisen.

Das Friedensdorf „Oase des Friedens“ (hebräisch: „Newe Schalom“, arabisch: „Wahat as-Salam“) versteht sich nicht als Labor, sondern als Ort mit Modellcharakter. Um Gleichberechtigung herzustellen, ist die „korrigierende Apartheid“ Praxis. Das heißt etwa, dass alle Führungsposten im Dorf von Arabern besetzt werden.

SUSANNE KNAUL