Investionsanlage Moorburg?

Skuriller Rechtsstreit um Räumungsklage in Moorburg lassen Spekulationen um das Elbdorf aufkommen  ■ Kai von Appen

Offiziell geht es um 217 Mark Mietschulden, die die städtische Wohnungsbaugesellschaft SAGA veranlaßt, mit einer Räumungsklage den Moorburger Rainer Böhrsen aus seinem Haus zu vertreiben. „Wir wollen nur unsere Rechtsposition durchsetzen“, sagt SAGA-Sprecher Adrian Teetz. Börnsen hält dagegen: „Die wollen mich loswerden, weil hier irgendein Ding im Hintergrund abläuft.“

Dass es nicht nur um eine juristische Auseinandersetzung um ausstehende Mieten geht, ist anzunehmen. Seitdem das Dorf an der Elbe neben Altenwerder vom Hamburger Senat der geplanten Hafenerweiterung auf dem Opferaltar präsentiert wurde, ist Böhrsen aktiv beim Runden Tisch und beim Aufbau des alternativen Wohnprojekts „Die Moorburg“.

Nachdem sich zeigte, dass die Hafenerweitung nicht wie geplant durchgezogen werden kann, schloß die SAGA 1990 mit Böhrsen einen Mietvertrag für ein Haus am Moorburger Kirchdeich ab. Er verpflichtete sich, für 96.000 Mark Instandsetzungsarbeiten vorzunehmen, dafür vereinbarte die SAGA mit ihm eine Kaltmiete von 78 Mark für die nächsten 15 Jahre nebst Nebenkosten. Wäre der Mietvertrag vorher ausgelaufen – zum Beispiel wegen der Hafenerweiterung – wollte die SAGA sogar anteilig Investionen zurückzahlen.

Vor zwei Jahren gab es den ersten Clinch wegen der Nebenkostenabrechnung. „Ich zahle Betriebskosten für einen Hausmeister und Gartenpflege, die es nicht gibt“, klagt Böhrsen. Als die SAGA auf seine Einwände nicht reagierte, minderte er die Miete. Die SAGA kündigte fristlos und reichte Räumungsklage ein. Einen gerichtlichen Räumungstitel wendete Böhrsen damals ab, indem er die Miete nachzahlte.

Der Streit schwelte weiter. Als Böhrsen nun erneut die Miete kürzte, marschierte die SAGA wegen 217 Mark Mietschulden erneut vor Gericht. Was Böhrsen vorher nicht wußte: Bei zwei Mietrückstandsklagen innerhalb von zwei Jahren kann ein Räumungstitel durch Nachzahlung nicht mehr abgewendet werden. Selbst wenn er nun zahlt, beharrt die SAGA auf die Räumung. „Das ist eine Unverschämtheit“, schimpft Mietanwalt Bernd Vetter. „So verfahren wir mit allen Mietern“, sagt Teetz. Das skurille: Womöglich muss das Unternehmen bei Erfolg mehrere tausend Mark Regress zahlen. Das nimmt es offenbar in Kauf. Teetz: „Das wird das Gericht klären müssen.“

Böhrsen vermutet, dass hinter dem SAGA-Vorgehen ein Coup steckt. So würde derzeit viel Geld in Moorburg investiert, um die Häuser zu erhalten. Häuser werden nicht mehr, wie bisher, mit den angrenzenden großen Gärten vermietet, sondern als Grundstücke geteilt und erschlossen, um diese womöglich zwecks Neubauten verwerten zu können. Böhrnsen nimmt an, das Moorburg längst aus den Hafenerweiterungsplänen gestrichen worden ist und die Flächen aufgrund des Baus des Tiefseehafens in Wilhelmshaven oder Cuxhaven nicht mehr gebraucht wird. Somit könnte Moorburg zu einem interessanten Fleckchen werden.