Einsamer Kämpfer gegen die Amigos

Exstaatsanwalt Maier ermittelte im Spendensumpf. Als er Unionspolitikern auf die Spur kam, wurde er ausgebremst

Monatelang dümpelte der bayerische „Schreiber-Untersuchungsausschuss“ vor sich hin. Abertausende von Akten wurden kopiert und nach München geschafft. Viel daraus gemacht haben die Ausschussmitglieder bislang nicht. Doch dann trat ein neuer Zeuge auf, der gehörig vom Leder zog: Exstaatsanwalt Dr. Winfried Maier.

Maier ist ein frustriert aus der Augsburger Staatsanwaltschaft abgewanderter Jurist, der heute als Familienrichter am Oberlandesgericht München arbeitet. Im November 1999 war der damalige Staatsanwalt Maier mit seinen Ermittlungen im Fall des Rüstungslobbyisten Karlheinz Schreiber bis zum CDU-Spendenskandal vorgestoßen. Helmut Kohl wollte er vernehmen – und durfte nicht. Seine Haftbefehle gegen den Exverteidigungsstaatssekretär Holger Pfahls (CSU) sowie zwei Thyssen-Manager seien vom bayerischen Generalstaatsanwalt Hermann Froschauer verzögert worden, berichtete Maier in dieser Woche. Vom „General“ sei auch nicht gewünscht worden, dass die verschwundene Festplatte von Strauß-Sohn Max entziffert wird. Gegen den Strauß-Sprössling wird noch immer wegen angeblich nicht versteuerter Zahlungen ermittelt, die er von Schreiber erhalten hatte.

Vor dem Ausschuss hat Maier inzwischen zweimal Klartext geredet. Und seither ist es endgültig vorbei mit der Mär von der unabhängigen bayerischen Justiz. Schon bei einem Auftritt vor dem Berliner Bundestagsausschuss hatte der 42-jährige Musterjurist einige Spitzen losgelassen. Bei seinen Münchner Anhörungen wurde er noch viel deutlicher. Grund dafür ist wohl eine ganze Menge Frust und die Tatsache, dass er nach tausenden von Stunden hartnäckiger Ermittlungsarbeit massiv ausgebremst wurde – vor allem als er mehr und mehr im Dunstkreis der Familie Strauß nachstocherte. Und wie reagiert sein ehemaliger Chef darauf? „Ich werde meine Aussage im Untersuchungsausschuss machen, mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.“ So die knappe Antwort des Reinhard Nemetz, seines Zeichens Leitender Oberstaatsanwalt in Augsburg.

Die Neue Zürcher Zeitung folgerte dieser Tage: „Seine Aussage wirft kein gutes Licht auf die Justiz im Freistaat.“ Da ist es also wieder, das altbekannte Amigosystem. Womöglich nichts vor Gericht Verwertbares, aber von erheblicher Brisanz. Den Vielleicht-Kanzlerkandidaten Edmund Stoiber begleitet ein fader Beigeschmack, ausgelöst von einem der Spitzenermittler, der noch viel mehr weiß, als er bislang sagte und der sich inzwischen sogar den Respekt des Hauptbeschuldigten, nämlich Schreiber, erarbeitet hat. „Der Herr Maier, den ich im Übrigen sehr bewundere, ist im Vergleich zum Herrn Ministerpräsident kein so unerträglicher Feigling“, tönt Schreiber, der einstige Busenfreund von Franz Josef Strauß, aus dem fernen Kanada.

Doch was nützt das alles noch? Wird der wichtige Zeuge Maier, der hartnäckige Ermittler, nach einem Sturm im Wasserglas auf seiner Richterstelle womöglich zusehen müssen, wie nach und nach alles, was mühevoll ermittelt wurde, im Sande verläuft? Nicht auszuschließen, dass Karlheinz Schreiber nie vor einem deutschen Gericht stehen wird; gut möglich, dass alsbald auch über die CDU-Spendenaffäre und über eine verschwundene Festplatte aus dem Hause Strauß jun. saftiges bayerisches Gras gewachsen ist. KLAUS WITTMANN