„Das hat es noch nie gegeben“

Auf Schill-Parteitag bleibt der große Vorsitzende unangefochten. Kampfkandidat für Vorstand holt immerhin 80 Stimmen  ■ Von Peter Ahrens

Harburg ist der Hamburger Bezirk, in dem auch einen Monat nach der Bürgerschaftswahl Schill-Wahlplakate unbeanstandet in der Gegend herumstehen. Niemand fühlt sich bemüßigt, sie zu entfernen. Denn, wie es ein Schill-Mann auf dem Parteitag ins Mikrofon spricht: „Der Erfolg unserer Partei ist vor allem dem Bezirk Harburg zu verdanken.“ Hier, wo der Politrichter und künftige Innensenator mehr als 30 Prozent abräumte, hier ist auch der Ort, den Wahltriumph in Form eines Parteitages zu feiern. Natürlich gab es stehende Ovationen für Schill, aber ansonsten gar nicht so viel Siegestrunkenheit, wie man denken sollte. Man hatte fast das Gefühl, die Schill-Leute sind selbst erschro-cken über das, was jetzt auf sie zukommt. Parteivize Mario Mettbach spricht von der „schweren Verantwortung, die der Wähler auf unsere Schultern geladen hat“. Keine Krönungsmesse war das gestern, der Streit um Kampfkandidaturen zum Landesvorstand, mit dem viele gerechnet hatten, blieb aber auch aus.

Der Parteigründer hatte schon im Vorfeld dafür gesorgt, dass sich Gegenkandidaturen gegen den etab-lierten Vorstand in Grenzen hielten. „Für das Ziel, weiter an einem Strang zu ziehen, müssen einige auch ihre persönlichen Ambitionen zurückstellen“, hatte er zur Begrüßung der über 300 Delegierten gesagt, und danach war klar, dass kaum noch jemand wagen würde, entgegen dieser Prämisse zu handeln. Nur der Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordnete und Ex-Statt-Partei-Mann Frank-Michael Bauer, der schon im Vorfeld seine Bewerbung um den Posten des Vizechefs gegen Mettbach angekündigt hatte, blieb standhaft. „Ich trete an, um innerparteiliche Demokratie zu gewährleisten und weil der Landesvorstand nicht zum Abnicker der Fraktionsarbeit werden darf“, kritisierte er die personellen Verqui-ckungen von Landesvorstand und Bürgerschaftsprominenz. Er sah die „Gefahr, dass wir zur Kaderpartei mutieren“, und offenbar war er nicht der Einzige. Er zog zwar erwartungsgemäß gegen Mettbach den Kürzeren, konnte aber immerhin 80 Stimmen auf sich vereinigen.

Unangefochten bleibt Schill selbst. 351 Ja-Stimmen bei drei Enthaltungen und einem Parteimitglied, das es wagte, mit Nein zu votieren – der Parteitag ist die Ronald-Schill-Show. Er kommentiert das Wahlergebnis vom 23. September als „grandiosen Erfolg, den es in der Geschichte Deutschlands noch nie gegeben hat“. In den Koalitionsverhandlungen habe man sich weitgehend durchgesetzt und nur ein paar Kompromisse gemacht, „die keine faulen sind“, und auch bei der Forderung nach 2000 neuen Polizeistellen sei man nicht eingeknickt: „Uns war immer klar, dass wir uns die Polizisten nicht schnitzen können.“

Schill dankt „den Sicherheitskräften, Ordnern und Bodyguards im Wahlkampf, die ganz wichtige Arbeit geleistet haben“ und blickt längst über Hamburg hinaus. Er behauptet: „Täglich bekommen wir Hunderte von Anrufen aus anderen Bundesländern“, mit dem Tenor: „Es mag ja in Hamburg alles schlimm sein – aber vergesst uns in Magdeburg bitte nicht.“ Das tun sie nicht, dafür sorgt eine Kommission, die sich um die bundesweite Ausdehnung der Partei kümmert. Man habe inzwischen in allen 16 Bundesländern Mitglieder, sagt Mettbach und kündigt an, „die Ausdehnung ganz gelassen anzugehen“. Man müsse vor allem aufpassen, so Mettbach, dass nicht „Leute aus der ganz rechten Ecke in den anderen Landesverbänden auftauchen, die uns alles kaputtmachen“, und man keine Bewerber aufbiete, „die uns blamieren“. Wenn man dort Probleme habe, „warten wir lieber noch vier Jahre ab“.

Gut 1500 Mitglieder, so Schatzmeister Norbert Frühauf, habe die Partei inzwischen, und geldlich stehe sie auch glänzend da. Man erwarte 400.000 Mark Wahlkampfkostenerstattung und gehe dank „vieler Klein- und Kleinstspenden“ schon jetzt ohne Schulden ins neue Jahr.