Chaos im Ausländeramt de luxe

■ Die Außenstelle des Ausländeramts an der Uni sollte Akademikern alles einfacher machen, aber nach ein paar Wochen gehen die Mitarbeiter im Chaos unter

Es war so eine gute Idee: Die begehrten internationalen Akademiker sollten es besser haben, sich nicht in der Pfalzburger Straße in die endlosen Schlangen des überforderten Ausländeramts einreihen müssen. Statt dessen eröffnete zum Wintersemester „Bremen Services Universität“, eine Außenstelle des Stadtamts, wo neben Meldeformalitäten auch Visa für Akademiker ausgestellt werden.

„Dieses Projekt ist Teil der Reformstrategie des Senats für mehr Kundenorientierung in der öffentlichen Verwaltung“, freute sich Innensenator Kuno Böse (CDU) vorgestern per Pressemitteilung. Pus-tekuchen. Die neue Außenstelle hat vor dem Kundenansturm längst kapituliert. Schlangen von 25 Personen sind keine Seltenheit. Ein einziger Mitarbeiter für Ausländerangelegenheiten hatte zu Semesterbeginn keine Chance, der Lage Herr zu werden. Fast alle ausländischen StudentInnen und DozentInnen müssen jeweils zum Wintersemester ihre Aufenthaltstitel verlängern.

Vor zwei Wochen wurde Wissenschaftssenator Willi Lemke (SPD) zufällig Zeuge der chaotischen Zustände. Daraufhin bat er beim Kollegen Böse um personelle Verstärkung. Die ist inzwischen gekommen: An den drei Öffnungstagen kommt ein weiterer Mitarbeiter aus dem Ausländeramt; eine Aushilfe versucht, die Warteschlange nach Dringlichkeit zu sortieren. Ein funktionierender Ablauf ist trotzdem nicht gewährleistet. Seit vorgestern gibt es nicht mal mehr Termine: Bis zum Jahresende ist alles ausgebucht, darüber hinaus wird noch nichts vergeben.

„Ich hatte extra angerufen“, sagt eine Koreanerin. Da wurde sie gebeten, erst am nächsten Tag zu kommen, es sei gerade so schrecklich voll. Einen Tag später traute sie ihren Augen nicht: Plötzlich gab es eine Nummern-Ausgabe, aber die Nummern für den Tag waren längst alle. Wie sie später hörte, schon seit acht Uhr morgens – obwohl die Behörde erst um neun Uhr öffnet. Täglich werden nur 15 der begehrten Tickets vergeben, mehr ist nicht zu schaffen. Als die Koreanerin sich beklagte, sie habe doch angerufen, bekam sie nur zu hören, sie solle „mal keinen Aufstand machen“, und wenn sie den Mut dazu habe, könne sie sich ja beim Innensenator beschweren. „Das ist fast wie Abschiebe-Politik“, empört sich die Betroffene.

„Früher, in der Pfalzburger Straße, war es viel besser“, sagt sie. Da habe man zwar auch immer lange warten müssen, aber irgendwann sei man wenigstens drangekommen. Aber dahin kann sie jetzt nicht mehr gehen. Die Akten sämtlicher ausländischer Akademiker sind schon in die Uni gewandert. Also geht jetzt auch für sie das allmorgendliche Rennen um die 15 Ti-ckets los. Manche sollen schon fünfmal vergeblich gekommen sein. Wer an den Hochschulen studiert – oder an der IUB in Bremen-Grohn – hat auch noch eine weite Anfahrt.

„Ein Teil des Ansturms erklärt sich aus den hohen Studienanfängerzahlen“, sagt Uni-Sprecher Uwe Gundrum. Er zählt 20 Prozent mehr Erstsemester als im vergangenen Wintersemester. Und die Zahl der Ausländer unter ihnen habe sich gar verdoppelt. Aber, räumt er ein, die Ausländerbehörde habe sich auch bei ihren Prognosen vertan, wie viele Kunden zu erwarten seien. Man habe Schätzungen aus der Pfalzburger Straße einfach übertragen.

Markus Beyer, Sprecher des Innenressorts, spricht von „Anfangsschwierigkeiten“, gibt aber zu: „Der Andrang ist einfach zu groß.“ Auch die 140 Studierenden der IUB seien ja erstmals hinzugekommen. Beate Heitzhausen, Leiterin des akademischen Auslandsamtes, ist unglücklich mit der momentanen Lage, glaubt aber an baldige Entspannung. „Wir suchen gerade nach größeren Räumen.“ Dann könnte es auch einen beheizbaren Warteraum geben. Ob das Stadtamt dann zusätzliches Personal abstellt, ist aber noch nicht klar. Trotzdem, Heitzhausen glaubt an das Projekt. Lange hat sie für eine eigene Außestelle gekämpft, die sich auf die Rechtsfragen ausländischer Akademiker spezialisieren kann. „Was da rauskommen kann, ist ein unglaublicher Schritt nach vorn.“ So lange verhilft sie in Notfällen zu einem schnellen Termin.

Jan Kahlcke