Lustreise kann traurig werden

Der FC Union verliert wieder. Das Uefa-Cup-Rückspiel in Bulgarien kommt nun zur Unzeit

Nach dem Abpfiff eines eher mäßigen Zweitligaspiels am Freitagabend in der Alten Försterei jubelten die siegreichen Gäste vom MSV Duisburg, als hätten sie soeben in letzter Minute den Klassenerhalt geschafft. Für die Mannen aus dem Ruhrgebiet war das 1:0 über den FC Union im elften Spiel der Saison der erste dreifache Punktgewinn. Für die Berliner setzte es nach den Pleiten gegen die Ligakonkurrenten Eintracht Frankfurt und Arminia Bielefeld sowie der Niederlage gegen Liteks Lowec aus Bulgarien im Uefa-Pokal nunmehr bereits die vierte verlorene Partie in Folge, und man darf schon gespannt sein, wie die Jubelszenarien ausfallen werden, wenn Union wieder einmal ein Sieg und somit ein erster Schritt aus der ersten Krise des Vereins als Zweitligist gelingt.

Das Wort Krise indes wollte nach dem Spiel keiner der Verantwortlichen in den Mund nehmen. Union-Präsident Heiner Bertram sprach eher davon, dass die Mannschaft nun in der „Normalität“ angekommen sei. „Wir haben gesehen“, sagte der Clubchef, „dass wir mit unserem Kader eben nicht ganz oben in der zweiten Liga mitmischen können.“

Nicht ganz oben? Soeben hatte man gegen den bis dato Vorletzten der Liga eine eher bescheidene Vorstellung abgeliefert und völlig verdient verloren. Die „fehlende Ausgeglichenheit des Kaders“ sei ausschlaggebend gewesen für die Niederlage. Ausfälle wie die von Torjäger Sreto Ristic (Grippe) könnten nicht kompensiert werden, so Bertram weiter. Er bestätigte, dass man sich um die Dienste des Stürmers Aleksandr Shirko von Torpedo Moskau bemühe. Es könne allerdings noch eine Weile dauern, bis der Wechsel nach Berlin zustande komme, man wisse ja, wie das „mit Typen aus dieser Ecke“ sei. Union wird also in naher Zukunft mit den Spielern auskommen müssen, die der Verein hat.

Und die Uefa-Cup-Begegnung gegen Liteks Lowec am Dienstag? Ist es nicht ärgerlich, dass man ausgerechnet jetzt in den Norden Bulgariens reisen muss, um dort ein Spiel zu bestreiten, bei dem es nach der 0:2-Hinspielniederlage nicht mehr viel zu gewinnen gibt? „Das ist für uns eine Lustreise“, meint der Präsident dazu. Trainer Georgi Wassilev sieht das ganz anders. Er freut sich schon auf die Zeit nach dem nächsten Punktspiel bei der SpVgg Greuther Fürth am kommenden Samstag. Ihm ist sogar relativ egal, wie das ausgehen wird: „Dann können wir endlich wieder in Ruhe arbeiten.“

Auch Wassilev vermied nach dem Spiel das Wort Krise. Immerhin stellte er fest, dass die Mannschaft derzeit Fehler mache, die sie zu Saisonbeginn nicht gemacht habe. Beim Freistoßtor durch den Duisburger Ilia Grujev (37. Minute) hätten die kleinsten Spieler in der Mauer gestanden und keinem, auch nicht Torsteher Sven Beuckert, sei das aufgefallen.

Nicht auszudenken, wenn den Eisernen im fernen Bulgarien am Dienstag wirklich die Sensation, das Aufrücken in die dritte Runde des Europacups, gelänge. Würde der Trainer, so wie es MSV-Coach Pierre Littbarski am Freitag tat, wohl mitfeiern, wenn sich seine Spieler jubelnd in den Armen lägen? Oder würde er vielmehr mit sorgenvoller Miene an das Saisonziel in der zweiten Liga denken, den „Mittelfeldplatz mit Blickrichtung nach oben“?

ANDREAS RÜTTENAUER