Schily auf Kompromisskurs

Der Innenminister macht konkrete Zugeständnisse beim Zuwanderungsgesetz. Kerstin Müller, Fraktionschefin der Grünen, findet die Vorschläge gut. Alles Weitere wollen die Parteigremien prüfen

von SUSANNE AMANN

Es war wohl eher eine kurze Nacht für Otto Schily. In Marathonsitzungen mit dem grünen Koalitionspartner verhandelte er nicht nur über die Anti-Terror-Maßnahmen des Sicherheitspakets II, sondern auch über das lange geplante Zuwanderungsgesetz. Am Sonntag dann flog er frühmorgens nach Indien, dem Bundeskanzler hinterher.

Beim Sicherheitspaket wurden sich beide Seiten schließlich einig, bei der Zuwanderung ließ der Bundesinnenminister unerledigte Geschäfte zurück. Allerdings machte er den Grünen am Samstagabend ein weitreichendes Angebot, das die bisherigen Differenzen ausräumen soll. Fraktionssprecherin Kerstin Müller lobte den Vorschlag noch am selben Abend als „gut“.

Vor knapp drei Wochen hatte Schily einen zweiten, überarbeiteten Gesetzentwurf des Zuwanderungsgesetztes vorgelegt. Dieser stieß jedoch wie der erste bei den Grünen auf wenig Gegenliebe. Sie fanden die Kompromisse kaum wieder, die sie in langen Gesprächsrunden mit den Zuwanderungsexperten der SPD erzielt hatten.

Einer der Hauptstreitpunkte bleibt weiterhin die Frage nach dem Umgang mit bisher geduldeten Flüchtlingen. Durch die geplante Schaffung eines modernen Zuwanderungsrechts könnte, so die Furcht der Grünen, die Situation der mehr als 1,7 Millionen geduldeten Flüchtlinge dramatisch verschlechtern. Da sie den hohen Ansprüchen, die das neue Gesetz an einen Aufenthalt stellt, nicht gerecht werden könnten, bestehe die Gefahr, sie in die Illegalität abzudrängen.

Auch beim Nachzugsalter für Kinder erzielten die Koalitionäre keine Einigkeit. Während Schily das Höchstalter für Kinder auf 12 Jahre begrenzen will, fordern die Grünen mit Verweis auf EU-Regeln 18 Jahre als Altersgrenze. Auch bei der Anerkennung von nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung als Asylgrund zeichnete sich bis zu Schilys Angebot vom Samstag kein Konsens ab.

Zu den Details von Schilys Kompromisslinie wollten die Grünen sich nicht äußern, sondern sie in dieser Woche erst in ihren Gremien prüfen.

Die Grünen hatten in den Verhandlungen deutlich gemacht, dass sie kein Gesetz mittragen werden, das zu einer Schlechterstellung großer Flüchtlingsgruppen in Deutschland führt. Zusammen mit der SPD wollten sie zwar auch ein modernes Zuwanderungsrecht, das dürfe aber nicht auf Kosten der Humanität gehen, hatte es immer wieder geheißen. Sollten sich die Grünen mit den Vorschlägen von Schily zufrieden zeigen, wird das Gesetz wie geplant am 7. November im Kabinett beschlossen.