dieser verdammte krieg (xviii)
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WIGLAF DROSTE führt heute das taz-Kriegstagebuch

„Ausziehen, ausziehen!“

„Nach Berlin, nach Berlin / aus der dümmsten Stadt der Welt“, jubelte Joachim Ringelnatz, als er vor 70 Jahren München den Rücken kehrte. Auch ich verlasse die Hauptstadt der geistfernen Armbewegung immer sehr gerne – obwohl das manchmal gar nicht so leicht vonstatten geht. Der Münchener Flughafen heißt Franz Josef Strauß und ist auch so: aus Korruption geboren, hässlich und schwer bewacht. Der Sicherheitsmann am Flugsteig 9 sah aus wie Klaus Augenthaler: Aus dem Gesicht, gegen das Holzschnitte filigran wirken würden, nussknackerten Befehle im regionalen Argot heraus. Würde er mich gleich „Lepra“ nennen, nur weil ich es vorzog, Bayern in meinem Kreuz zu wissen? Dummheit ist universell, aber dumme Bayern sind besonders schwer tolerabel, weil sie so laut und dröhnend stolz darauf sind. Der Hilfs-Cop zeigte auf meine Wanderschuhe und grunzte: „Ausziehen!“ Vom Zauberwort „bitte“ hatte er sichtlich noch nie gehört. „Wanderschuhe ausziehen, und das in Bayern?“, wunderte ich mich. „Aber sicher fliegn möchten S‘ scho!“, blaffte er mich an. Ich sah ihm lange in das, was bei anderen Gesicht heißt, und sagte: „Überhaupt nicht.“ Das überforderte ihn und ich durfte fort aus der dümmsten Stadt zumindest Deutschlands.

Sie spinnen, alle, und sie sind so dankbar dafür, dass Spinnen endlich ernst genommen wird. Die Napfsülzensorte Mensch darf sich aufmandeln und spreizen, und wenn der Krieg einmal aus ist, wird es schwer, diese Leute in ihre Friedenspositionen zurückzuschubsen. So einfach militarisiert man ein Volk.

DIENSTAG: CAROLA RÖNNEBURGanmerkungen? unfried@taz.de