Nasser Wettbewerb

Bundeswirtschaftsministerium legt Gutachten zur umstrittenen Liberalisierung des Trinkwassermarktes vor

BERLIN taz ■ Ein knapper Hinweis auf der Homepage des Bundeswirtschaftsministeriums war alles: „Gutachten zur nachhaltigen Wasserversorgung fertig.“ Im März waren die Grundlagen dieses Gutachtens noch von einem hochkarätigen Workshop diskutiert worden. Immerhin geht es um nichts Geringeres als die Liberalisierung des Trinkwassermarktes. Jetzt also liegt das Ergebnis vor – als PDF-Datei.

Nach Auffassung der Gutachter lässt sich mehr Wettbewerb durchaus mit den deutschen Qualitätsstandards verbinden: „etwa durch den Bau von Stichleitungen oder die gemeinsame Nutzung vorhandener Netze“, wie es in dem vorgelegten Papier heißt. Mehr Wettbewerb lasse sich „durch den Wegfall bestehender rechtlicher Markzutrittsschranken“ erzeugen – gemeint ist etwa das kommunale Selbstverwaltungsrecht. Die Gutachter erwarten, dass es unter den 17.900 deutschen Wasserwerken zu Konzentrationen kommen wird, die Kostenvorteile für die Kunden mit sich bringen.

„Aber es gibt auch die Gefahr, dass die Qualität durch Vermischung erheblich leidet“, warnt Trinkwasserexperte Michael Bender von der Grünen Liga. „In der Experimentierküche der Gutachter wird sorglos mit dem Lebensmittel Nummer eins herumhantiert“, meint auch Dieter Bongert, wasserpolitischer Sprecher des Bundesverbandes der deutschen Gas- und Wasserwirtschaft (BGW). „Eine Prise Preisregulierung hier, ein ordentlicher Schuss Durchleitungswettbewerb da, das ist ein Kampfansage an Qualität und Nachhaltigkeit der Wasserwirtschaft.“

Allerdings wertet der BGW die Form, in der Bundeswirtschaftsminister Werner Müller (parteilos) die Ergebnisse jetzt vorstellte, als positives Signal. „Das Gutachten ist graue Theorie. Es kommt jetzt darauf an, mit den Ländern, Kommunen und Wasserwerken zu reden“, sagt Michaela Schmitz, Leiterin des BGW-Bereiches Wasserwirtschaft. Müller erklärte denn auch: „Das Gutachten macht deutlich, dass nicht alles, was an Marktöffnung theoretisch möglich wäre, praktisch und politisch sinnvoll ist.“

In zwei Wochen wird eine Arbeitsgruppe der Landeswirtschaftsministerkonferenz die Beratung aufnehmen – anhand des Gutachtens. „Definitiv wird aber in dieser Legislatur nichts entschieden“, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. NICK REIMER

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