dieser verdammte krieg (xix)
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CAROLA RÖNNEBURG führt heute das taz-Kriegstagebuch

Doppelmoralinsauer

Sehr sportlich sieht sie eigentlich nicht aus. Dennoch ist Claudia Roths Kriegsspagatversuch eine beachtliche Leistung, führt sie doch vor, wie man gleichzeitig Kriegs- und Friedenspartei sein kann. Der gesammelte grüne Unfug aus den letzten Wochen ist jetzt in einer Zusammenfassung bei spiegel online zu lesen: Sie werde „weiterhin fordern, dass die Fortsetzung der Bombardierung immer wieder neu begründet wird“, wiederholt sich Claudia Roth da. Erneut fordert sie „Auskunft darüber, wo und zu welchem Zweck“ Streubomben eingesetzt werden, und behauptet, die grüne Partei werde „auch weiterhin kritische Fragen stellen“.

Seltsam nur, dass man sich an keine einzige erinnern kann. Lässt sich aus solchen Sätzen Kalkül oder Naivität lesen? Für „Kalkül“ spricht, dass Claudia Roth im Interview die Gelegenheit nutzte, einer Empfehlung der taz nachzukommen und sich mit Gerhard Schröder zu vergleichen: „Wenn der Kanzler seine Betroffenheit im Angesicht des Grauens am Ground Zero zeigt, gilt er als Staatsmann. Wenn ich fordere, der millionenfache Hungertod müsse verhindert werden, werde ich als ‚Heulsuse‘ beschimpft.“

Das – nicht etwa die eilfertige Zustimmung zum Bombardement und seinen absehbaren Folgen – sei „Doppelmoral“. An anderer Stelle aber überrascht die Grünen-Vorsitzende mit einer Aussage, die eher auf ein schlichtes Gemüt hinweist.

Auf die Frage, was denn wäre, wenn die Hungerhilfe für Afghanistan ausbliebe, antwortete sie: „Daran mag ich gar nicht denken.“ Das muss man ihr glauben.

MITTWOCH: ROGER WILLEMSENanmerkungen? unfried@taz.de