Allergie gegen Chip

Die Gesundheitsministerin plant, eine multifunktionale Patienten-chipkarte einzuführen. Grüne dagegen: Kassen dürfen nicht alles wissen

BERLIN taz ■ Mit Kritik haben die Gesundheitsexpertinnen der Grünen-Bundestagsfraktion, Katrin Göring-Eckardt und Monika Knoche, auf die Pläne von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) zum Ausbau des Arzneimittelpasses reagiert. „Patientendaten auf der Chipkarte schaffen mehr Probleme, als sie lösen“, erklärten sie gestern.

Die Ministerin will aus der Krankenversicherungskarte eine multifunktionale Patientenchipkarte machen. Zunächst hieß es, auf dem Plastikkärtchen sollten Informationen über regelmäßig genommene Medikamente gespeichert werden, um zu verhindern, dass so genannte kontraindizierte Mittel bezogen werden, die – Stichwort „Lipobay-Skandal“ – in der Kombination mehr schaden als nutzen.

Gestern jedoch bestätigte das Ministerium, dass im Hause überlegt werde, zusätzliche Daten über Krankheiten, Allergien und Röntgenuntersuchungen zu verzeichnen. Teilweise sollen die Angaben verschlüsselt werden, sodass ein Arzt oder Apotheker im Fall möglicher Nebenwirkungen zwar gewarnt wird, aber nicht erfährt, dass dies etwa an einer HIV-Infektion liegt.

Die Grünen sehen jedoch das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient gefährdet. Sie verlangen die Trennung von Patientendaten und Versicherungskarte. Sonst, sagte Knoche gestern zur taz, könnten die Versicherungen auf die Idee kommen, Patientenverhalten durch „Anreize“ zu beeinflussen. Knoche erklärte: „Die Krankenkassen dürfen nicht alles wissen“ – nur der Arzt. Das Gesundheitsministerium hielt dagegen: Die Kassen bekämen auf die Daten gar nicht erst Zugriff – nur der Patient solle bestimmen, wer was über ihn erführe.

Schmidt erhofft sich von der Chipkarte einen Spareffekt – in bislang unklarer Höhe. Damit gehört der „Gesundheitspass“ zu den Sparmaßnahmen aus ihrem Hause, die zurzeit Ärzte, Kassen und Pharmaindustrie umtreiben. Letztere bot gestern der Regierung eine Einmalzahlung von 300 Millionen Mark, wenn Schmidt darauf verzichtet, die Medikamentenpreise für zwei Jahre um vier Prozent zu senken – ein indiskutables Angebot.

Nach den gesetzlichen Krankenkassen kündigten gestern auch die Betriebskrankenkassen an, dass zum Jahresanfang 2002 ihre Beitragssätze steigen werden. Der Betriebskassen-Satz werde im Schnitt von 12,7 auf 13 Prozent steigen, gab der Vorstandsvorsitzende des Bundesverbands der Betriebskrankenkassen, Wolfgang Schmeinck, gestern an.

ULRIKE WINKELMANN