Betr.: Debatte um GAL-Wahlverluste, taz hamburg, div. Berichte

Grüne Enttäuschung

Nein, lieber Willfried Meier, die WählerInnen haben wir nicht wegen unseres Profils verloren. Damit sind wir 1997 gewählt worden.

Wir haben während der Legislaturperiode unser Profil verloren. Unerfahrenheit und/oder überraschende Machtteilhabe oder Unfähigkeit Politik zu vermitteln, könnten Antworten sein. Wir haben uns dem Wähler angeboten als Partner eines Rot-Grünen-Projektes und nicht als Teil einer Rot-Grünen-Koalition. Ein kleiner und doch so großer Unterschied. Es ging über den pragmatischen und legitimen Machtanspruch, Politikfelder zu besetzen hinaus, in Hamburg einen notwendigen Richtungswechsel zu vollziehen, zukunftsorientierte Politik zu machen und natürlich auch zu vermitteln. Wir haben 42.000 Menschen enttäuscht in ihren Erwartungen uns und einem Rot-Grün-Projekt gegenüber, in Hamburg die Politik zu verändern und zu erneuern. Damit haben wir vielen WählerInnen Entscheidungslast abgenommen und uns offensichtlich verhoben. Wir haben keinen erkennbaren Erneuerungsprozess gestaltet. Die Wählergunst wurde von uns enttäuscht.

Was wir brauchen ist eine professionell organisierte Aufarbeitung des Scheiterns unseres Projektes. Nicht nur die Äußerungen der in diesem Projekt gescheiterten Protagonisten vom Landesvorstand bis zur Fraktion. Es fehlen in der Debatte die von euch umjubelten Helden des Wahlkampfes. Äußert euch, damit es eine laute und lebendige Mitgliederversammlung wird. Wo ist das grüne Gegenstück zum neuen sozialdemokratischen Fraktionsvorsitzenden? Kay Stöck

Aufgabe

Es war mit Aufgabe der Grünen im Volksentscheid zum Volksentscheid, zur Bürgerschaftswahl am 27. September 1998 den mehrheitlich abgestimmten Gesetzentwurf der Initiative Direkte Demokratie in die Verfassung zu integrieren. Das Ergebnis zeigt, dass sich Grüne und SPD gemeinsam diesen Entwurf bis zur Unwirksamkeit nicht nachgebessert sondern gnadenlos verstümmelt haben. So wurde rücksichtslos an einem vom Volke beschlossenen Entwurf herumgedoktert. Von Nachbesserung zu sprechen ist in diesem Zusammenhang mehr als verlogen. Wenn die Grünen sich im Angesicht des Scheiterns entschließen würden, die Diskussion um mehr demokratischen Bürgerrechte zu führen, dann sollten sie nicht vergessen, wo sich die tatsächlichen Mehrheiten befinden. Es genügt eine einfache Korrektur im politischen Handeln.

Diethard Meyer

Kopfrechnen schwach

Der Leserbrief von Christian Clement in der Ausgabe vom 25.10.01 ist nicht der erste, der behauptet, die GAL-Verluste am 21.9. seien der kritischen Berichterstattung der taz hamburg zuzuschreiben. Clement ärgert mich besonders, einmal wegen seiner Argumentation, zum anderen weil er das Lesenswerte an der taz neben der „Wahrheit“-Seite, die Hamburg-Beilage, wohl abschaffen möchte. Zur Argumentation: Clement schreibt, das Pushen von „Regenbogen“ durch die taz hamburg hätte die GAL geschwächt. Ein Blick auf die Wahlergebnisse zeigt aber etwas anderes: Die GAL hat rund 42.000 Stimmen verloren im Vergleich zu '97, der Regenbogen bekam 14 247 Stimmen, d.h. die GAL-Verluste rechneten sich gerade nicht in Regenbogen-Stimmen um. Wenn man die 1,7% für Regenbogen den 45,1% für Rot-Grün hinzuzählt, kommt man auch nur auf 46,8%, für Schwarz-Schill-Gelb mit 50,7% hätte es also immer noch locker gereicht. Was Clement versucht, ist eine Art „Dolchstoßlegende“ zu konstruieren: Nicht die Politik der GAL war schuld an ihrem schlechten Abschneiden, sondern eben Abtrünnige im eigenen Lager, als da wären taz hamburg und Regenbogen. Aber selbst wenn der Regenbogen 4,9% bekommen und damit eine rechnerische Rot-Grün-Mehrheit tatsächlich verhindert hätte, würde sein Argument immer noch nicht stimmen, weil es eben Gründe gibt, die viele Wähler davon abgehalten haben GAL zu wählen: z.B. die Unterordnung unter die SPD, das Aufgeben vieler, vor allem AL-Positionen, die Anbiederung an Rechts und an Schill, was alles zusammen schon unter Rot-Grün eine rechte Politik be-ihaltet hat und was von der taz hamburg eben kritisch angemerkt wurde. M.Klingele