Der Trick mit der Ehre

■ Der Ehrenamtsboom aus Frauensicht: Gar nicht so sympathisch

Männer sitzen im Aufsichtsrat, Frauen wischen Hintern ab – so ließe sich das Geschlechterverhältnis in der Freiwilligenarbeit – altmodisch: Ehrenamt, neumodisch: bürgerschaftliches Engagement – auf den Punkt bringen. Freiwilligenarbeit ist schwer angesagt: Allerorten, auch in Bremen, sind Agenturen entstanden, die unbezahlt Arbeitswütigen den richtigen Job vermitteln. Dass Frauen ungeachtet des akuten Booms längst aktiv sind und dass sie aufpassen müssen, bei aller Nächstenliebe nicht zu kurz zu kommen – das ist eine der Thesen von Maren Bock, Geschäftsführerin des Frauenbildungszentrums belladonna. Sie gab damit am Dienstag Abend den nachdenklich-kritischen Part eines von der Volkshochschule gesetzten Schwerpunkts zum Thema.

Bock zitierte aus einer Erhebung des Bundesfamilienministeriums über Ehrenamtliche: Frauen arbeiteten vor allem in Positionen mit wenig Entscheidungsmacht und wenig Einfluss, oft im sozialen Bereich. Und dass Frauen als unentgeltlich Pflegende die ministerielle Untersuchung nicht gleich sprengten, liege nur daran, dass diese Gruppe gar nicht erfasst worden sei. Männer hingegen stellten die Vorstände von Vereinen oder aber Aufsichtsräte. Ihr Lohn, so Bock: „Prestige, Karriere, Macht, Einfluss und natürlich Aufwandsentschädigungen.“ Frauen hingegen zögen ihren Lohn oft aus der Anerkennung im Ehrenamt – Anerkennung genau in den Bereichen, die gesellschaftlich längst nicht mehr hoch im Lob-Kurs stehen („Mütterlichkeit“).Die Ehrenamtsdiskussion, analysiert die belladonna-Frau, sei ein „Nebenschauplatz“, sie „vertuscht den Rückzug des Sozialstaats und verhindert eine Diskussion über die Neudefinition gesellschaftlich notwendiger Hilfsangebote.“

Je mehr Ehrenamtliche, desto weniger Hauptamtliche – so die Strategie der öffentlichen Hand. Bock: „Bei einer Ausweitung der Freiwilligenarbeit ist mit einem Abbau von Frauenarbeitsplätzen zu rechnen.“

sgi