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: Filme aus dem Archiv – Frisch gesichtet

Ein Film im Film, eine Komödie in der Komödie: Für ihre Verfilmung von Molières Theaterstück um den frömmelnden Heuchler „Tartüff“, der sich Hab und Gut eines reichen Mannes erschleichen will, fanden Regisseur F.W. Murnau und sein Drehbuchautor Carl Mayer zu einer für die Entstehungszeit (1926) durchaus ungewöhnlichen Form. Sie betteten die Geschichte in eine moderne Rahmenhandlung, in der ein junger Mann versucht, seinen Großvater aus den Fängen einer tückischen Haushälterin zu befreien –und sich dabei nicht anders zu behelfen weiß, als dass er den beiden in der Maske eines Wanderkino-Schaustellers die nämliche Moritat als Film vorführt. Murnaus große Kunst als Regisseur bestand unter anderem darin, die Dinge genau auf den Punkt bringen und Figuren in einer einzigen Einstellung charakterisieren zu können: Wenn der Greis in seinem Testament die „treusorgende“ Haushälterin erwähnt, fällt der Blick der Kamera auf ein verstreut in der Gegend herumliegendes Paar Schuhe – die gleichen ungepflegten Treter, die der angeblich so liederliche Enkel wenig später sorgfältig in eine Ecke stellen wird. Die eigentliche Tartüff-Verfilmung ist in der Konzeption etwas theatraler und stilisierter geraten und bietet vor allem große Schauspielkunst dreier Ausnahmemimen: Mit einem dümmlich-seligen Lächeln auf den Lippen erscheint Werner Krauss als Herr Orgon geradezu durchgeistigt und servil, während Emil Jannings in der Titelrolle mit lüstern-lauernden Blicken hinter dem verkniffen-frömmelnden Gehabe den Genussmenschen nur schwer verbergen kann. Doch um den Heuchler zu entlarven, muss die schöne Lil Dagover schon das Äußerste geben. „Tartüff“ 7.11. im Arsenal 2***Nicht erst seit „Moulin Rouge“ beschäftigen sich einige Regisseure erfreulicherweise wieder mit dem Musical: Kenneth Branagh etwa verlegte die wenig gespielte Shakespeare-Komödie „Verlorene Liebesmüh?“ in die dreißiger Jahre des 20. Jahrhunderts und inszenierte ein sogenanntes „integrated musical“, das Gesang und Tanz als Ausdruck von Gefühlen und Hoffnungen der Filmcharaktere in die Handlung einbezieht und die Songtexte als Weiterführung des Dialogs begreift. Nicht zuletzt deshalb wurden mit Jerome Kerns „The Way You Look Tonight“, Irving Berlins “Cheek to Cheek“ und George Gershwins „They Can‘t Take that Away from Me“ einige der romantischsten Musical-Songs aus Hollywoods klassischer Ära passgenau in die Handlung eingefügt. Überhaupt hat Branagh für die Umsetzung seiner Geschichte um die Macht der Liebe, in der ein König und seine drei Freunde durch die Ankunft einer hübschen Prinzessin und ihrer Hofdamen vom Studieren abgehalten werden, die alten Meister genau studiert: Außerordentlich sorgfältig ist das komplexe Beziehungsgefüge von Choreografie, Dekors und Kamera erarbeitet, das seinen Höhepunkt in einigen wunderschönen, den filmischen Raum öffnenden Kamerafahrten während der Tanzszenen im Rundbau der königlichen Bibliothek (“Cheek to Cheek“) findet. Und sogar eine Verbeugung vor Busby Berkeleys berühmten Show-Musicals lässt sich in der romantischen Musikkomödie finden: Wenn sich die Prinzessin und ihre Begleiterinnen nach dem Aufstehen ins Bad begeben, dann gilt ihr Bestreben nicht etwa der Reinlichkeit, sondern dem Singen, Plätschern und Figuren-Schwimmen im Pool - eine hübsche Hommage an Berkeleys Choreografien in „The Kid from Spain“ (1931), die die „Girls“ eines Mädchenpensionats bei genau dieser speziellen Art der Morgentoilette präsentieren.„Verlorene Liebesmüh?“ 4.11. in der Urania***Auch in Henry Selicks „James und der Riesenpfirsich“ wird gesungen: allerdings nicht von Menschen, sondern von Insekten und Gliederfüßern, die mit dem kleinen James in besagter Riesenfrucht eine gefahrvolle Reise nach New York unternehmen. Einmal mehr zeigt sich Selick in den Puppen-Sequenzen als Meister der Stop-Motion-Animation und beweist in der Rahmenhandlung um James’ fiese Tanten (wo Schauspieler in stilisierten Dekors agieren) seine Liebe zum Makabren.„James und der Riesenpfirsich“ 1.11.-7.11. im Eiszeit 2, Hackesche Höfe; 3.11.-4.11. im Bali