Sicherheitsrisiko in Katar

Die Delegationen, die zum WTO-Ministertreffen reisen, sind aus Angst vor Terroranschlägen deutlich verkleinert worden. Auch viele NGOs bleiben zu Hause

BERLIN taz ■ Minister, Abgeordnete, Journalisten, Pressesprecher – wer für nächste Woche einen der raren Flugzeugplätze nach Katar ergattert hat, ist nervös. Die islamistische Terrororganisation al-Qaida hat angeblich neue Anschläge angedroht. Katar liegt mitten in der arabischen Welt. Und die Welthandelsorganisation (WTO) ist für ihre Gegner ein Sinnbild der Amerikanisierung der Welt. Manche Teilnehmer verstecken ihre Nervosität hinter schwarzem Humor: „Was in Doha herauskommen soll?“, witzelt ein Handelsvertreter. „Zuerst einmal hoffen wir, dass wir wieder aus Doha herauskommen.“

Andere haben wenig Sinn für solche Scherze und ihre Teilnahme kurzfristig abgesagt. So etwa vier der neun deutschen Vertreter von Nichtregierungsorganisationen (NGO), die Visum und Hotelbett bereits sicherhatten – trotz der Beschränkung auf 300 NGOs, die das Scheichtum Katar verfügt hatte. Denn in der gesamten Hautpstadt Doha gibt es nur etwa 4.500 Hotelbetten; bis zu 500 Besucher sollen daher in privaten Villen und Apartments untergebracht werden.

Nun werden aus Deutschland nur noch die Entwicklungsverbände Weed, Germanwatch, der Evangelische Entwicklungsdienst, das Forum Umwelt und Entwicklung sowie Greenpeace vor Ort sein.

Auch die US-Delegation, der ursprünglich 30 Kongressabgeordnete angehören sollten, ist stark abgespeckt worden. US-Handelsminister Robert Zoellick kündigte an, er wolle seine Gruppe „so klein wie möglich halten“ und weniger als 15 Abgeordnete mitnehmen. Zoellick hatte sich bis letzte Woche dafür stark gemacht, das Treffen in einem anderen Land abzuhalten. US-Experten verwiesen auf „ernst zu nehmende Sicherheitsrisiken“.

Vizepräsident Dick Cheney hingegen hatte solche Bedenken beiseite gewischt und Katar die Teilnahme der USA zugesagt – was so viel heißt wie: „Das Treffen findet in Doha statt, Punkt.“ Gerüchten zufolge weiß Cheney aus sicherer Quelle, es werde keine Anschläge auf das Treffen geben, weil dort der Fernsehsender al-Dschasira seinen Sitz habe. Darüber hinaus würden die arabischen Befürworter der Angriffe auf Afghanistan womöglich verprellt, wenn das WTO-Treffen verlagert würde. Nicht zuletzt wies der Scheich darauf hin, er habe 30 Millionen Dollar in die Vorbereitung der Konferenz gesteckt.

Ihm ist auch deshalb sehr an der Ausrichtung gelegen, weil er fürchtet, Katar würde von der Weltöffentlichkeit nur noch als Sitz al-Dschasiras, über den Bin Laden seine antiamerikanischen Botschaften verbreitet, gesehen. Zudem fühlt er sich ungerecht behandelt – war doch Katar seinerzeit das einzige Land, das zu einer Ausrichtung des vierten WTO-Treffens bereit war, nachdem das letzte Treffen vor zwei Jahren in Seattle im Chaos endete. KATHARINA KOUFEN