Scharon prescht vor

Der israelische Ministerpräsident Scharon will mögliche Verhandlungen mit den Palästinensern selbst leiten

BERLIN/JERUSALEM taz/afp ■ Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will Friedensgespräche mit den Palästinensern selbst leiten, wenn es zu einer neuen Verhandlungsrunde kommt. Dies erklärte Scharon gegenüber einer großen Delegation des World Jewish Congress, die gestern in Jerusalem die Knesset, das israelische Parlament, besuchte.

Scharon wiederholte seine Äußerungen gegenüber dem kanadischen Außenminister John Manley, der sich gerade in Israel aufhält und den Regierungschef nach dem neuen Friedensplan seines Amtskollegen Schimon Peres fragte. Wie die Jerusalem Post berichtete, habe Scharon erwidert, Israel sei eine Demokratie und jeder habe Pläne. „Peres hat innovative Ideen, aber wenn es zu einer Entscheidung kommt, wird sie an diesem Schreibtisch getroffen“, entgegnete Scharon laut Post. Am Ende des Prozesses könne ein palästinensischer Staat stehen, aber nichts werde sich bewegen, solange keine Ruhe herrsche.

Der von Peres angekündigte Friedensplan sieht die Gründung eines palästinensischen Staates zunächst im Gaza-Streifen, die Auflösung der dortigen jüdischen Siedlungen und die Vertagung des Jerusalem-Problems auf einen späteren Zeitpunkt vor. Der Plan soll zunächst in der Arbeitspartei diskutiert und „in ein bis zwei Wochen“ veröffentlicht werden.

Scharon und Peres hatten sich in der Nacht zu Donnerstag getroffen, um über den Plan und ein mögliches Treffen des Außenministers mit PLO-Chef Jassir Arafat am Rande des Europa-Mittelmeerforums am heutigen Freitag in Spanien zu sprechen. Die Begegnung soll informell sein und einen „sozialen“ Charakter haben. Scharon hält formelle Begegnungen mit Arafat zum gegenwärtigen Zeitpunkt für kontraproduktiv.

Die israelische Armee setzte gestern ihre Politik der gezielten Tötungen von mutmaßlich militanten Palästinensern fort. Zwei Mitglieder der radikal-islamischen Hamas wurden bei einem Angriff mit Kampfhubschraubern in Anabta nahe der Stadt Tulkarem im Westjordanland getötet. Zwei weitere Palästinenser wurden nach Berichten von Augenzeugen verletzt und unmittelbar danach von israelischen Soldaten entführt. Ein Militärsprecher sagte, die Getöteten hätten einen Angriff auf Israel geplant. Der israelische Armeerundfunk berichtete, ein Militärkommando habe gestern Morgen bei Nablus im Westjordanland einen hochrangigen Vertreter von Hamas entführt. B.S.