„Nie wieder eine Flasche Wasser kaufen“

US-Stadt Berkeley droht wegen Antikriegsresolution ein Boykott. Viele Kunden sind über Haltung des Stadtrats empört

BERKELEY ap ■ Das Recht der freien Meinungsäußerung könnte Berkeley teuer zu stehen kommen. Die kalifornische Stadt sieht sich zahlreichen Boykottdrohungen gegenüber, weil der Stadtrat vor gut zwei Wochen den Krieg in Afghanistan offen kritisiert hat. Hunderte haben telefonisch oder schriftlich angekündigt, keinen Laden und kein Restaurant in Berkeley mehr betreten zu wollen. Noch ist nicht klar, in welchem Ausmaß diese Drohungen in die Tat umgesetzt werden. Doch die Geschäftsleute sind sehr beunruhigt.

„Es fühlt sich schrecklich an“, sagt Bürgermeisterin Shirley Dean. „Ich glaube, es ist ernst.“ Dean hat nicht für die fragliche Resolution gestimmt, in der die US-Regierung aufgefordert wird, die Angriffe auf Afghanistan „so schnell wie möglich“ einzustellen. Weiter hieß es, die Regierung müsse den Kreislauf der Gewalt durchbrechen und die Ursachen – wie beispielsweise Armut oder Unterdrückung – überwinden, die Menschen zu terroristischen Akten treiben. Die Resolution, die zugleich die Anschläge vom 11. September verurteilte, wurde mit den Stimmen der fünf liberaleren Stadträte verabschiedet. Die vier anderen Ratsmitglieder, auch Dean, enthielten sich.

Fast 900 E-Mails und Briefe sind allein diese Woche bei der Stadtverwaltung eingegangen, die überwältigende Mehrheit davon mit negativem Inhalt. Ein Absender habe geschworen, „niemals, ich wiederhole, niemals wieder auch nur eine Flasche Wasser in Ihrer Stadt zu kaufen“. Im Radisson Hotel ist der Auftrag für ein großes Bankett rückgängig gemacht worden.

Vor einigen Jahren boykottierte Berkeley sechs Mineralölkonzerne, denen der Stadtrat vorwarf, mit autoritären Regierungen Geschäfte zu machen. Jetzt könnte die Stadt selbst zum Boykottziel werden. Ob es tatsächlich gravierende Umsatzeinbußen gibt, wird sich sicher erst in einigen Monaten zeigen.