Die unsichtbaren Studenten

Im Studium mit sich und doch nicht allein: Die Fern-Fachhochschule Hamburg hat 3000 Studierende  ■ Von Sandra Wilsdorf

Fernstudium klingt nur nach Ferne. In Wirklichkeit sind Fernstudenten in der Nähe, man sieht sie nur nicht. Dass die Fern-Fachhochschule Hamburg (FFH) mit 3000 sogar mehr Studierende hat als die Universität für Wirtschaft und Politik (HWP), wissen wohl nur die wenigsten. An der FFH kann man Betriebswirtschaftslehre, Wirtschaftsingenieurwesen, Pflegemanagement oder ergänzend Wirtschaft studieren, wenn man bereits Ingenieur, Informatiker oder Mathematiker ist. Das dauert genauso lange wie an anderen Fachhochschulen, nämlich regulär zwischen vier und fünf Jahren sowie drei Jahre für den Aufbaustudiengang.

Fast alle der FFH-Studierenden sind berufstätig. Das müssen sie auch, denn ihr Studium kostet sie insgesamt rund 20.000 Mark: knapp 500 Mark Studiengebühren im Monat, zuzüglich Prüfungskos-ten.

Das macht Studenten zu Kunden. Die meisten von ihnen sind männlich und zwischen 30 und 40 Jahre alt. Etwa ein Drittel kommt über den zweiten Bildungsweg. Abitur ist nicht zwingend erforderlich: „Bei uns kann nach einem Aufnahmegespräch auch studieren, wer eine Ausbildung und eine Fortbildungsprüfung wie den Meister oder den Fachwirt hat“, erklärt Fred Luks, der Öffentlichkeitsarbeit für die unsichtbare FH macht und selbst den zweiten Bildungsweg bis zur Promotion gegangen ist – allerdings nicht aus der Ferne. „Viele der Studierenden sind in leitenden Positionen, haben aber irgendwann einen Deckel gespürt, als jemand mit einem Diplom einfach an ihnen vorbeizog“, sagt Luks.

Neben Geld kostet das FFH-Studium Zeit: Etwa 15 Stunden dauert es pro Woche, das große Paket der Unterlagen zu bearbeiten, das zu Beginn jedes Semesters ins Haus kommt. Sein Inhalt entsteht am Holstenwall, wo die Verwaltung der Hochschule sitzt. Etwa sechsmal pro Semester treffen sich die Kommilitonen in den bundesweit 38 Studienzentren. Für den Bereich Pflegemanagement kooperiert die FFH mit dem Landesbetrieb Krankenhäuser (LBK), der ein eigenes Ausbildungszentrum unterhält.

„Die Präsenzzeiten sind freiwillig, aber sehr wichtig für den Zusammenhalt“, sagt Luks. So entstehen Kontakte für die einsamen Zeiten am Schreibtisch, in denen man für den Bekanntenkreis eher langweilig als gesellig ist, und einen deshalb die fernen Kommilitonen motivieren müssen.

Etwa 300 der FFH-Studierenden kommen aus Hamburg, die anderen wohnen im restlichen Deutschland, viele von ihnen in Bayern und Baden-Württemberg. Das mag mit dem Hamburgischen Hochschulgesetz zu tun haben, das liberaler ist als das Recht der süddeutschen Länder.

Einen Asta gibt es an der FFH nicht. „Das müsste aus der Studierendenschaft kommen“, sagt Luks. Fachschaftsrat und Senat allerdings gebe es. Anders als an den übrigen Fachhochschulen sind auch die Studienzeiten: Das Frühjahrssemester beginnt am 1. Januar, das Herbstsemester am 1. Juli. Ferien gibt es zwischen den Jahren und im Sommer. Obwohl die Materialien immer noch auf Papier ins Haus kommen, ist für eine Fern-Fachhochschule das Internet ein wichtiges Medium: Studierende können ihre Prüfungsergebnisse über das Netz abfragen und per e-mail das Wir-Gefühl pflegen.

Wer an der FHH studiert, will weiterkommen, entweder im alten Betrieb oder nach einem Wechsel. Einige halten das Studium vor ihrem Chef geheim, andere Arbeitgeber geben sogar etwas dazu. „Die meisten rechnen mit einem Aufstieg“, sagt Luks. Wieviele ihn tatsächlich schaffen, kann er nicht sagen. Es gibt noch keine Absolventen der 1997 gegründeten Fern-Fachhochschule. Doch Luks ist zuversichtlich: bei jedem, der das Studium schaffe, könne der Arbeitgeber sicher sein, es mit einem belastbaren Mitarbeiter zu tun zu haben.