Schwarz-Schill chronisch

23.9.: Mit 36,5 Prozent bleibt die SPD stärkste Partei bei derBürgerschaftswahl, ist jedoch trotzdem nach 44 Jahren abgewählt. Grund dafür ist das Wegbrechen des Koalitionspartners GAL mit 8,6 Prozent. Die CDU kommt auf 26,2 Prozent. Die erstmalig antretende Schill-Partei erreicht auf Anhieb 19,4 Prozent. Die FDP schafft mit 5,1 Prozent nur knapp den Sprung in die Bürgerschaft. Die SPD bietet noch am Abend der CDU Gespräche für eine Große Koalition an, CDU-Spitzenkandidat Ole von Beust lehnt jedoch dankend ab und spricht sich für eine Koalition mit FDP und Schill-Partei aus.

24.9.: Die einflussreiche Handelskammer, die noch am Wahlabend eine Große Koalition befürwortet hatte, schwenkt um: Die Mehrheit von CDU, FDP und Schill gebiete die Bildung eines „Bürgerblocks“.

27.9.: Kleiner Parteitag der CDU. Ole von Beust wird einstimmig beauftragt, eine Rechtskoalition zu bilden.

1.10.: Das erste Sondierungsgespräch des „Bürgerblocks“. Da die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen von der Zustimmung des FDP-Parteitags am 8.10. abhängig ist, heißen die Koalitionsverhandlungen bis dahin offiziell Sondierungsgespräche. Dennoch wird der Transrapid beschlossen, die Stadtbahn verworfen und der Verkauf öffentlicher Unternehmen zur Finanzierung des Haushalts ins Auge gefasst.

3.10.: Das zweite Sondierungsgespräch über Justiz und Innere Sicherheit. Ergebnis sind geschlossene Heime für straffällige Jugendliche, Einführung eines uniformierten kommunalen Ordnungsdienstes und eine massive Aufstockung der Polizei. FDP-Chef Rudolf Lange sieht die „liberale Handschrift gewährleistet“.

5.10.: Noch-Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) verzichtet auf sein Bürgerschaftsmandat und gibt seinen Rückzug aus der aktiven Politik bekannt.

8.10.: FDP-Parteitag. Nach kurzer Diskussion wird eine liberale Beteiligung am Rechtsbündnis beschlossen. Ab jetzt darf offiziell koalitionsverhandelt werden.

9.10.: Erster Tag der Koalitionsverhandlungen zum Thema Bildung. Zentrales Abitur nach zwölf Jahren und Studiengebühren werden verhandelt. Die sofortige Einstellung von 100 Lehrern wird beschlossen.

10.10.: Zweiter Verhandlungstag: Hamburg wird zum Paradies für Autofahrer. Der Ausbau von Radwegen wird gestoppt. Erste Sitzung der neuen Bürgerschaft und erste Disharmonien im schwarzen Lilalauneland: Schill möchte nicht rechtsaußen sitzen und platziert sich im Plenarsaal links von der CDU.

12.10.: Dritter Tag der Koalitionsverhandlungen. Thema: Drogenpolitik. Stichwörter sind Repression und ausstiegsorientiert. Keine Ausgabe sauberer Spritzen an Gefangene, keine Legalisierung weicher Drogen.

13.10.: Vierter Tag der Koalitionsverhandlungen. Thema: Innere Sicherheit. Das Gefängnis Neuengamme bleibt, die Strafanstalt Billwerder wird trotzdem gebaut. Die KZ-Gedenkstätte auf dem Gelände des Knasts Neuengamme wird abgelehnt. Angestellte im Polizeidienst (AIP) sollen nach nur neun Wochen Ausbildung kommunale Sicherheitsaufgaben wahrnehmen. Reguläre Polizisten sollen aus anderen Bundesländern abgeworben werden.

14.10.: Fünfter Tag der Koalitionsverhandlungen. All das wird verhandelt, was dem neuen Senat so nebenbei noch einfällt: Umwelt, Kultur, Soziales. Die Sachthemen sind damit durchverhandelt.

17.10.: Die Posse um den Posten des Kultursenators beginnt. Im Gespräch ist Nike Wagner, Urenkelin des Komponisten.

18.10.: Sechster Tag der Koalitionsverhandlungen. Insgesamt sindelf Senatorenposten zu besetzen. Fünf für die CDU, drei für Schill, einer für die FDP. Zwei sollen mit Parteilosen, die von allen drei Parteien gemeinsam aussgesucht werden, besetzt werden. Nike Wagner sagt ab. Der neue Senat bleibt kulturlos.

19.10.:CDU, Schill und FDP paraphieren den Koalitionsvertrag.

20.10.:CDU-Parteitag und Schill stimmen dem Koalitionsvertrag zu.

22.10.:FDP-Parteitag stimmt dem Koalitionsvertrag zu.

27.10.: Ronald Schill wird mit einer Gegenstimme in seinem Amt als Vorsitzender der Schill-Partei bestätigt.

31.10.:Der neue Senat wird vereidigt. Ole von Beust wird knapp zum Ersten Bürgermeister gewählt. In der ersten aktuellen Stunde der neuen Legislaturperiode wird vom neuen Senat die Verlegung des Gefängnis Neuengamme zugunsten der KZ-Gedenkstätte in Aussicht gestellt. psh