Well, well, Weller

■ Zum 15. Geburtstag des „Modernes“: Eine Legende macht in Alterswerk

Ob es daran liegt, dass die alten Helden des Punk- und Hardcore-Untergrunds ihren Eigensinn so weit entwickelt haben, dass sie sich zunehmend nicht mehr in Bands integrieren lassen? Jüngst gab J Mascis, ehedem Mainman von Dinsoaur jr., zwei kurzfristig anberaumte Konzerte in Deutschland – nur er und seine Gitarre.

Am Donnerstag weilte Paul Weller in Bremen, seinerzeit mit der Mod-Punk-Band The Jam und den programmatisch benamsten Style Council zu Ruhm gekommen – auch er lediglich von seiner Gitarre begleitet. Zugegeben, es war gleich ein halbes Dutzend Gitarren (eine gar elektrisch), aber ein ähnliches Prinzip: Die eigenen Songs, für Bands geschrieben, aufs Wesentliche reduziert. Wo Mascis dann und wann an den unmöglichsten Stellen sein Distortion-Pedal trat und zu einem seiner legendären Soli ansetzte, einen Song schon mal mittendrin abbrach, um einen anderen zu spielen und den abgebrochenen hernach zu Ende zu bringen, sprich: ein willkommen unvorhersehbares Moment walten ließ, war Weller ganz solide bei seiner Sache.

Der „Modfather“, vor einigen Jahren zur Vaterfigur des Britpop gekürt, spielte im Wesentlichen Stücke seiner Solo-mit-Band-Alben, nur wenige von The Jam und Style Council, wobei die Unterschiede der verschiedenen Phasen „unplugged“ marginal waren. Höchstens, dass die Jam-Songs eine etwas schlichtere Harmonik aufwiesen, unterschied sie von späteren Kompositionen.

Weller ist ein hermetisch abgeschlossenes System aus Style, Soul und Song. Da saß er auf der Bühne im Kreise seiner Gitarren, einen hässlichen Schal um seinen Hals gebunden, trank roten Wein und sprach kaum einmal zu seinem Publikum. Nur ab und zu warf er ihm ein Dankeschön hin. Und auch der Soul in Wellers Bariton war nie ekstatisch, sondern immer dem Ernst der Lage angemessen, das Gitarrenspiel straff und kraftvoll. Es war ja alles da. Wofür noch Begleiter?

Die Autonomie, die das Format gestattet, aber nicht zuletzt auch der in jüngeren Jahren erarbeitete Status, ermöglichen den Mascis', Wellers oder auch den ehemaligen Hüsker Dü-Musikern Bob Mould und Grant Hart, erfolgreich zu dem zurück zu finden, was ohnehin immer wesentlicher, mit dem Instrumentarium der Rockband zum Explodieren gebrachter Bestandteil ihrer Kunst war: klassisches Songwriting. Den Lärm sollen andere machen. J Mascis allerdings lässt sich den Krach dann doch nicht nehmen, ist in seinem Herzen immer noch der kleine Junge, der sich freut, wenn ein Song kaputt geht, weil er einen Knopf gedrückt hat. Das würde Weller nie passieren. Andreas Schnell

Fotos: Alexander Steffens