No work, no fun: Die „Working Holiday Visa“

Was früher in Australien nur illegal ging, ist seit einem Jahr durch ein Visum möglich: Die Finanzierung der Reise während des Reisens

Naive Erwartungen vom leicht verdienten Geld halten der Realität nicht stand

„Man kommt an Jobs durch Klinkenputzen“, sagt der 25-jährige Hotelfachmann Frank, der zur Zeit mit einem „Working Holiday Visum“ in Australien weilt und nach langer Arbeitssuche als Kellner in einem Restaurant jobbt.

Mit dem vor einem Jahr neu eingeführten „Working Holiday Visum“ für Deutsche rückte das ferne Reiseziel Australien für viele junge Leute ein wenig näher. Aber nicht immer hält das Visum, was es verspricht: Steigende Arbeitslosigkeit und schwache Wirtschaftsdaten nach dem Olympiaboom gestalten die Jobsuche oft schwierig. Vor Ort zeigt sich schnell, dass hochfliegende Erwartungen vom leicht verdienten Geld Down under der Realität nicht standhalten. Wer träumt schon davon, bei 40 Grad Hitze Macadamianüsse, Mangos, Melonen, Bananen, Avocados oder Lychees zu sammeln, verbunden zudem mit der Angst im Nacken vor giftigen Spinnen oder Schlangen. Und wer sitzt schon gern im Callcenter und versucht verzweifelt, wildfremde Menschen am anderen Ende der Leitung zu überreden, Mitglied in einer internationalen Hotelkette zu werden oder für einen wohltätigen Zweck zu spenden. Für die meisten ist es dennoch eine willkommene Gelegenheit, Auslandserfahrung zu sammeln, Land und Kultur näher kennen zu lernen, zu reisen und dabei gelegentlich zu arbeiten. Auch nach Angaben der australischen Botschaft in Berlin ist das Interesse an den ein Jahr gültigen „Working Holiday Visa“ groß. So wurden seit Abschluss der bilateralen Vereinbarung zwischen Australien und Deutschland Mitte 2000 bis Ende Juni diesen Jahres rund 3.500 solcher Visa an Deutsche erteilt. Bewerben können sich Deutsche zwischen 18 und 30 Jahren ohne Kinder, die mindestens 5.000 australische Dollar auf ihrem Konto nachweisen können und zudem genügend Geld für das Hin- und Rückflugticket haben. Im Zentrum des einjährigen Aufenthalts soll der Urlaub stehen, heißt es offiziell, aber Beschäftigungsverhältnisse können bis zu einer Dauer von maximal drei Monaten eingegangen werden. Danach muss ein neuer Arbeitgeber gesucht werden.

Die multikulturelle Metropole Sydney ist für die meisten jungen Leute Dreh- und Angelpunkt der Arbeitssuche. Lokale Zeitungen, Backpacker-Magazine, schwarze Bretter in Backpacker Hotels, das Internet und private Arbeitsvermittler sind die altbewährten Hilfsmittel. Aber vielfach ist es einfach das Prinzip, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein, das zum Erfolg führt. „Ich habe Schwein mit meinem Job gehabt, ich verdiene gut und werde am Wochenende übertariflich bezahlt“, sagt etwa Frank. Andere sind in einer nicht so glücklichen Lage, entweder sie finden keinen Job, oder sie werden, verglichen mit deutschen Standards, schlecht bezahlt.

Der anfänglichen Euphorie und Abenteuerlust folgt so schnell Desillusionierung. Die Konsequenz: Viele befriedigen einfach für ein paar Monate ihre Reiselust, geben ihre letzten Ersparnisse aus und fliegen schließlich frühzeitig wieder ab. Diana beispielsweise, 29-jährige Wirtschaftinformatikerin, die nach dreimonatiger erfolgloser Jobsuche nur noch gereist ist, hat Schulden gemacht. Aber sie sagt sich, „das Geld, das ich hier ausgebe, bekomme ich durch entsprechende Jobs in Deutschland viel schneller wieder zurück“.

Unterm Strich bewerten die meisten „Working Holiday Visa“-Halter ihren Aufenthalt auf dem fünften Kontinent trotz oft anderer Erwartungshaltung positiv. Das Leben und Arbeiten im australischen Outback, auf einer Rinder- oder Schaffarm, ist für viele eine einzigartige Erfahrung. Einige dieser Farmen liegen in den abgelegensten Regionen: Das nächste Postamt, die nächste Kneipe, der nächste Supermarkt oder Nachbar können hunderte von Kilometern entfernt liegen.

Wer das authentische Leben auf dem Lande erfahren möchte, für den ist die private Arbeitsvermittlung „VisitOZ Scheme“ im Bundesstaat Queensland (www.visitoz.org) eine optimale Anlaufstelle. „Die meisten Deutschen suchen Kneipenjobs, obwohl ihr Englisch nicht immer toll ist und Australier, die im Busch leben, sehr schnell sprechen. Aber auch Hausarbeit, Babysitterjobs und Farmarbeit sind sehr beliebt“, weiß Joanna Burnet, Managerin von VisitOZ. Das Besondere an der Agentur ist, dass sie für Farmarbeit einen viertägigen Trainingskurs anbietet, in dem Motorradfahren zum Einholen der Schafe, Traktorfahren und Reiten gelehrt wird.

Wer dagegen die Arbeit in den Metropolen Australiens bevorzugt, bekommt Jobs als Küchenhilfe, Verkäuferin, in Callcentern, Fabriken, Restaurants oder Hotels. IT-Spezialisten, Bank- und Versicherungsangestellte, Ingenieure, Krankenschwestern, Sekretärinnen oder Erzieher bekämen oft qualifiziertere Jobs und werden relativ gut bezahlt, so Alan Collingwoood, Manager des Travellers Contact Point, einer Arbeitsagentur in Sydney. Deutsche müssten allerdings noch eine andere Einstellung zum „Working Holiday Visum“ entwickeln und den Schwerpunkt auf neue Erfahrungen im Ausland legen, anstatt nur darauf zu schielen, das große Geld zu verdienen, meint er. Holländer oder Japaner hätten eine offenere Einstellung zum Arbeitsvisum, sagt er. Konkurrenz zu anderen Nationalitäten, mit denen ein „Working Holiday Visa“-Abkommen mit Australien besteht, hat er allerdings nicht festgestellt: „Es sind individuelle Qualifikationen und persönliche Einstellung, die zählen“, so Collingwood. CORINA JÜRGENSEN

Weitere Informationen unter www.australian-embassy.de/visa/visa.htm oder telefonisch unter (0 30) 88 00 88-3 34