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Teure Ketten

Einmal am Castor-Gleis anketten kostet 38.000 Mark. Grenzschutz, Bahn und THW fordern Schadensersatz

BERLIN taz ■ Den Robin-Wood-Aktivisten, die im März den Castor-Transport nach Gorleben zum Stehen brachten, flatterte dieser Tage die Quittung ins Haus: Bundesgrenzschutz, Technisches Hilfswerk und Bahn fordern Schadensersatz in Höhe von über 38.000 Mark.

Im März war für den Castor bei Süschendorf vorübergehend Endstation: Fünf Robin-Wood-Aktivisten hatten sich dort an einem ins Gleisbett eingebrachten Betonblock festgekettet. Erstmals in der Protestgeschichte rollte der Castor-Zug rückwärts. Erst nach 17 Stunden waren die Aktivisten aus dem Gleisbett herausgetrennt. „Die beteiligten Störer haben die Maßnahmen zielgerichtet herbeigeführt, um hohe Kosten des Staates bei der Gefahren abwehrenden Begleitung des Transportes entstehen zu lassen“, begründet der BGS im Begleitschreiben seine Forderungen. 60 Pfennig pro Tag und Decke, 50 Pfennig pro Gehörschutzkappe und Stunde, 2 Mark pro Handleuchte und Tag – auf 14.301,28 Mark summiert sich die Forderung der Grenzschützer. Die Bahn listet einen Schaden von 19.773,97 Mark auf, das THW will 3.767,28 Mark haben.

Damit nicht genug: Die Aktivisten werden zudem strafrechtlich verfolgt. Die Staatsanwaltschaft beruft sich in ihrer Anklageschrift auf den Nötigungsparagrafen 240 des Strafgesetzbuches und auf Paragraph 316 b: Störung öffentlicher Betriebe. Höchststrafen sind in erstem Falle drei in zweiterem fünf Jahre. Bei der jüngsten Aktivistin – Marie war gerade 16 Jahre alt – kommt das Jugendstrafgesetz zur Anwendung. „Das Strafmaß reicht hier vom erhobenen Zeigefinger bis zum Arrest“, so heißt es aus der Staatsanwaltschaft.

Das Verfahren wird voraussichtlich erst nach dem nächsten Castor-Transport eröffnet. Mit gutem Grund: Das Bundesverfassungsgericht hatte 1995 entschieden, dass eine normale und zeitlich begrenzte Sitzblockade nicht als gewaltsame Nötigung einzustufen sei. Die Strafe der Aktivisten wird wohl kaum so hoch ausfallen, wie die Staatsanwaltschaft glauben machen möchte.

„In Wahrheit geht es nicht um Schadenswiedergutmachung, sondern um Einschüchterung“, sagt Robin-Wood-Sprecherin Ute Bertrand. Ein Eindruck, den etwa Eduard Bernhard, Vorstand des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU), teilt. „Viele, die protestieren wollen, sollen von den vielen Strafverfahren geschockt werden“, sagt Bernhard. Insgesamt 737 Verfahren hatte die Staatsanwaltschaft nach dem letzten Protest eingeleitet. Wolfgang Ehmke, Sprecher der BI-Lüchow-Dannenberg sieht in dieser Praxis allerdings nichts Neues. „Der Staat versucht immer zu dokumentieren, dass er ein starker Staat ist. Das war unter Kohl so, und das ist auch bei Rot-Grün so“. An der Bereitschaft, sich gegen den Atommüll zu wehren, ändere dieses Staatsprinzip jedenfalls nichts.

NICK REIMER

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