Anthrax-Bakterien haben eine lange Lebensdauer

Damit es zum Ausbruch der Milzbrand-Krankheit kommt, muss man mit mit einer großen Anzahl von Keimen in Berührung kommen

BERLIN ■ taz In Deutschland gehört Milzbrand, auch Anthrax genannt, zu den selten Infektionserkrankungen. Die vor allem in den warmen Weltregionen weit verbreitete Tierseuche - betroffen sind ausschließlich Warmblüter wie Schafe, Ziegen oder Kühe - kann auf Menschen übertragen werden kann. In den meisten Ländern, so auch in Deutschland, besteht für die Erkrankung eine Meldepflicht.

Laut Statistischen Bundesamt gab es den letzten Todesfall durch Anthrax vor 23 Jahren. Obwohl die von Bacillus anthrax ausgelöste Erkrankung selten ist, gilt sie als Berufskrankheit bei Veterinären. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts gab es auch bei uns häufig infizierte Tierbestände. So wurden 1932 noch über 330 Erkrankungen gemeldet, knapp 50 Menschen starben. Seit den 80er Jahren sind es zwei pro Jahr.

In den meisten Fällen handelt es sich um Hautmilzbrand, der relativ gut mit Antibiotika, unter anderem mit dem alt bekanntem Penicillin, behandelbar ist. Weitaus gefährlicher sind Infektionen, die über die Lunge oder gar durch verseuchte Nahrung über dem Darm erfolgen. Antibiotika helfen dann nur noch, wenn sie sofort, noch vor dem Auftauschen erster Krankheitssymptome, verabreicht werden. Anderenfalls stirbt der Patient innerhalb weniger Tage.

Eine Infektionsgefahr besteht für alle Menschen die in direkten Kontakt mit infizierten Tieren kommen. Auch Urlaubsandenken wie Tierfelle können eine Infektionsquelle darstellen. Damit es zum Ausbruch der Krankheit kommt, muss es jedoch zu einer Infektion durch eine großen Anzahl von Keimen kommen, nach Schätzung zwischen 5.000 und 100.000 Bakterien.

Heimtückisch sind die Anthrax-Bakterien vor allen durch ihre lange Lebensdauer. Bei Nährstoffmangel und in trockener Umgebung verwandeln die Bakterien sich in extrem widerstandsfähige Dauersporen. An den Stellen, an denen früher infizierte Tiere verbrannt oder vergraben wurden, sind häufig heute noch infektiöse Anthrax-Bakterien nachweisbar. Unter anderem aufgrund dieser Widerstandsfähigkeit stehen Anthrax-Bakterien auch auf der Top-Liste der B-Waffen-Forscher.

Schon kurz nach dem in den USA die ersten Anthrax- Briefe aufgetaucht sind, ließ das Berliner Robert-Koch-Instituts (RKI) eiligst eine Liste mit den Instituten zusammenstellen, an denen mit Anthrax-Bakterien geforscht wird. Nur Institute, die über ein Sicherheitslabor der Stufe drei verfügen und eine Umgangsgenehmigung für Anthrax haben, dürfen damit arbeiten.

Auch die Untersuchungen von Proben müssen in einem Sicherheitslabor durchgeführt werden. Die Tests können am RKI durchgeführt werden. Auch das Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) in Jena war in den letzten Wochen damit beschäftigt verdächtige Briefen nach Anthrax-Bakterien zu untersuchen.

Bei einem Verdachtsfall erfolgt zunächst eine mikroskopische Untersuchung. Erkennbar ist zunächst nur, ob die Probe überhaupt Bakterien enthält. Die Bakterienart selbst kann nicht unter dem Mikroskop bestimmt werden. Dazu werden die Proben im Labor auf verschiedenen, speziellen Nährböden angezüchtet. Enthält die Probe Anthrax-Bakterien, wächst die Kultur nur auf einem bestimmten, vorher präparierten Nährboden.

Der Nachweis kann auch durch DNA-Analyse erfolgen. Dazu wird zuerst mittels der sogenannten PCR (polymerase chain reaction) das Erbgut der Bakterien vermehrt. Durch eine Analyse der Abfolge der einzelnen DNA-Bausteine kann nicht nur die Bakterienart bestimmt werden. Auch um welchen der über 1.200 bekannnten Anthrax-Stämme es sich handelt, wird so festgestellt. WOLFGANG LÖHR