DIE BEMANNTE RAUMFAHRT IST TEUER UND INEFFIZIENT
: Träume über den Wolken

Die große Internationale Raumstation ISS wird noch teurer als ohnehin schon geplant, so am Wochenende ein US-Gutachten. Das ist ein herber Schlag für die Nasa. Nicht nur wegen der vernichtenden Kritik an ihrem Management – das ließe sich verbessern. Sondern weil sich die bemannte Raumfahrt als grundsätzlich verfehlt herausstellt.

Geplant war die Raumstation als ein 200-Milliarden-Mark-Technikmärchen: Es sollte die erste wirklich weltweite Kooperation bei der vielgerühmten Eroberung des Weltraums werden. Als erfreulich galt auch, dass dadurch wie nebenbei ein Teil der russischen Raketen- und Raumfahrtexperten an einem Job in so genannten Schurkenstaaten gehindert werden konnten. Auch die Forschung würde profitieren, wenn Menschen die Experimente in der Schwerelosigkeit durchführten statt dumme Robotern auf irgendwelchen Satelliten, so ein weiteres Argument. Doch wirklich stichhaltig sind diese Gründe nicht. Denn das Geld fehlt irgendwo anders im Forschungs- und Raumfahrthaushalt. Und von den Experimenten an Bord der ISS ist aus Spargründen sowieso kaum etwas übrig geblieben. Mit den gleichen Milliarden hätten heutige Raumsonden wesentlich mehr Erkenntnisse auf jedem denkbaren Gebiet erbracht.

Bleibt der eigentliche Grund für die bemannte Raumfahrt: die Phantasie von der menschlichen Größe. Auf Sternenschiffen zu fremden Planeten zu donnern ist ein Traum von anscheinend zu vielen Träumern, als dass ihn Weltraumstrategen und Industrie in Russland und den USA einfach aufgeben wollten. Ohne Astronauten im All würde die Raumfahrt zu einer Wissenschaft unter vielen. Das Budget wäre mit Sicherheit kleiner als bisher – denn niemand zahlt für ein paar Daten aus dem Weltraum 200 Milliarden Mark. Auch wenn der eigentliche Nutzen der Raumfahrt bei zivilen wie militärischen unbemannten Satelliten liegt – im Denken ist die bemannte Raumfahrt für die meisten im Sektor immer noch das Größte.

Die Fliegerei im All kann sich also halten, obwohl rein vernunftgetriebene Argumente eigentlich dagegen sprechen. Und das wird auch so bleiben. Keine US-Regierung wird den Traum beenden wollen, solange sie nicht vor dem völligen Bankrott steht. Deshalb spielt es für die Weltraumbranche auch kaum eine Rolle, ob überhaupt Experimente auf der Raumstation laufen. Hauptsache, Menschen werden in die Umlaufbahn geschossen. Das ist zwar schlecht für andere Forscher, deren Budget gekürzt wird. Aber sie werden so lange nichts daran ändern können, wie sie nicht ebenfalls Träume zu bieten haben. REINER METZGER