Mit einem Trick ins Amt

Unionistenchef Trimble wird wieder nordirischer Premierminister, obwohl ihm zunächst zwei Stimmen im eigenen Lager gefehlt haben. Anschlag in Birmingham

DUBLIN taz ■ Nun wird er doch wieder Premierminister von Nordirland. Unionistenchef David Trimble, der am Freitag an zwei Gegenstimmen aus der eigenen Partei gescheitert war, soll heute in einer Sondersitzung des nordirischen Regionalparlaments in Belfast gewählt werden. Dazu ist ein Trick nötig: Die kleine Alliance Party, die zwischen den katholisch-nationalistischen und protestantisch-unionistischen Blöcken steht, muss mindestens zwei ihrer Abgeordneten zu Unionisten erklären.

Im Belfaster Friedensabkommen vom Karfreitag 1998 ist nämlich festgelegt, dass Entscheidungen nur dann gültig sind, wenn sie eine Mehrheit beider Blöcke bekommen. Trimble ist am Freitag zwar von 70 Prozent der 107 Abgeordneten gewählt worden, aber weil neben den extremen unionistischen Parteien auch zwei seiner eigenen Parteimitglieder gegen ihn stimmten, fehlte ihm auf unionistischer Seite eine Stimme.

Wenn die Alliance Party heute zu Unionisten mutiert, reicht es für die Wiederwahl. Im Gegenzug verlangt die Partei, dass das eigentümliche Wahlsystem einer Überprüfung unterzogen wird. Der britische Nordirlandminister John Reid hat das zugesagt. Bob McCartney von der UK Unionist Party bezeichnete die Alliance-Abgeordneten als „politische Hermaphroditen, die das Belfaster Regionalparlament zum Gespött der Welt“ machen. David Ervine von der Progressive Unionist Party, dem politischen Flügel einer bewaffneten protestantischen Organisation, sagte hingegen: „Sie wollen das Belfaster Abkommen retten, und vielleicht retten sie dadurch auch Menschenleben.“

Trimble war im Juli zurückgetreten, weil die Irisch-Republikanische Armee (IRA) keine Anstalten machte, ihre Waffen auszumustern. Nachdem die IRA im vorigen Monat zwei Waffenlager mit Beton ausgegossen hatte, erklärte sich Trimble bereit, seinen Posten wieder zu übernehmen. Reg Empey, der das Amt des Premierministers seit Juli verwaltet, warnte am Samstag, dass „Extremisten die politische Instabilität ausnutzen“ könnten.

Wenige Stunden später schien sich seine Vorahnung zu bestätigen: In der Nacht zum Sonntag ging in der mittelenglischen Stadt Birmingham eine Autobombe hoch. Verletzt wurde niemand, weil offenbar nur der Zünder, nicht aber der Sprengstoff explodierte. Nordirlands Polizeichef Ronnie Flanagan ist davon überzeugt, dass der Anschlag das Werk der IRA-Absplitterung „Real IRA“ ist.

Nordirlands Polizei heißt seit gestern nicht mehr „Royal Ulster Constabulary“, sondern „Police Service of Northern Ireland“. Die von den Polizeirevieren abmontierten alten Wappen kommen in ein Museum, wo auch der 302 Beamten gedacht werden soll, die im Zuge des Nordirlandkonflikts getötet wurden.

Die Umbenennung ist Teil einer Polizeireform, mit der man den Anteil an katholischen Beamten erhöhen will. Bisher machen sie nicht mal 10 Prozent aus. Sinn Féin, dem politischen Flügel der IRA, gehen die Reformen jedoch nicht weit genug. Die Partei weigert sich, die ihr zustehenden Plätze in der 19-köpfigen Polizei-Aufsichtsbehörde zu besetzen. RALF SOTSCHECK